Galvanisch abgeschiedenen Multilagen-Schichtsystemen mit verbesserten Korrosions- und Verschleißschutzeigenschaften

Werkstoffe 09. 12. 2017
Von Ulrich Bingel, Steffen Pachler und Burkhardt Hamer, Aalen

Die Herstellung von metallischen Schichten mit alternierender Zusammensetzung und unterschiedlichen chemischen und mechanischen Eigenschaften sollten es ermöglichen, die Korrosions- und Verschleißschutzeigenschaften im Vergleich zu einlagigen Schichten zu verbessern. Dafür eignet sich die Abscheidung von Nickel-Phosphor besonders, da hier deutliche Unterschiede in Abhängigkeit vom Phosphoranteil der Schicht vorliegen. Zudem hängt der Phosphoranteil von der Abscheidestromdichte ab, wobei er zwischen etwa 6 % und etwa 14 % innerhalb des anwendbaren Stromdichtebereichs von 1 A/dm2 bis ca. 12 A/dm2 steuerbar ist. Mittels Pulsverfahren wurden so Schichtenfolgen mit mehr als 100 Einzelschichten hergestellt. Je nach Phosphorgehalt wechseln damit Schichten mit guter Verschleißbeständigkeit und Schichten mit guter Korrosionsbeständigkeit ab. Zudem werden Risse in der Schicht am Schichtwechsel gestoppt, was sowohl das Korrosionsverhalten als auch den Verschleiß positiv beeinflusst.

1 Einleitung

Aufgrund unterschiedlicher mechanischer Eigenschaften (Härte, Festigkeit, Duktilität) sollte es möglich sein, mit Multilagenschichten aus galvanisch abgeschiedenen Metallen eine höhere Beständigkeit gegen Verschleiß und Korrosion im Vergleich zu Einzellagen zu erzielen. Die Abscheidung solcher Multilagen, beispielsweise aus den in breitem Umfang eingesetzten Metallen wie Chrom, Nickel oder Nickel-Phosphor, kann durch alternierenden Wechsel zwischen verschiedenen Elektrolyten oder durch Änderung der Arbeitsparameter bei Verwendung eines Elektrolytsystems erreicht werden.

Deutliche Verbesserungen sind durch die Kombination von Nickel (hoher Korrosionsschutz) und Chrom (hohe Härte und Verschleißbeständigkeit) zu erwarten. Um den Anforderungen der derzeit aktuellen Ansätze zur Verbesserung des Umwelt- und Arbeitsschutzes zu entsprechen, sollten für die Chromabscheidung Elektrolyte auf der Basis von Chrom(III) eingesetzt werden. Erste Versuche im Rahmen eines Gemeinschaftsprojekts der NovoPlan GmbH zusammen mit der TU Ilmenau zeigten aber, dass die in der Literatur beschriebenen Elektrolyte nicht für die Beschichtung von Werkzeugen geeignet sind. Auf Empfehlung des Projektpartners NovoPlan wurde die Entwicklung in Richtung galvanisch abgeschiedener Nickel-Phosphor-Schichten und daraus hergestellter Multilagen fokussiert.

Der Vorteil dieser Multilagenschichten liegt in der Kombination von Niederphosphorschichten mit hoher Härte und Hochphosphorschichten mit geringerer Härte aber hoher Korrosionsbeständigkeit. Hierbei wird davon ausgegangen, dass die Schichten mit niedrigem Phosphoranteil eine Erhöhung der Verschleißbeständigkeit erzeugen. Die Schichten mit hohem Phosphoranteil sollten eine sehr gute Korrosionsbeständigkeit gewährleisten und zudem entstehende Risse in den harten Schichten abfangen.

2 Herstellungsmöglichkeiten für Multilagen

Multilagenschichten (auch als CMM – Compositionally Modulated Multilayer [4] bezeichnet) können unter Einsatz der Galvanotechnik entweder mit Zwei-Elektrolyt(2-EL)- oder mit Ein-Elektrolyt(1-EL)-Verfahren abgeschieden werden. Für die Zwei-Elektrolyt-Verfahren erfolgte die Abscheidung aus zwei getrennten Elektrolyten in alternierenden Verfahrensschritten. Die dafür benötigten zwei Elektrolyte, für die unterschiedlichen Metalle, müssen in verschiedenen Behältern betrieben werden und das zu beschichtende Substrat wird jeweils von einem zum anderen Behälter geführt. Generell erlaubt das Zwei-Elektrolyt-Verfahren beliebige Kombinationen von Metallen und kann mit einer automatischen Anlage durchgeführt werden. Andererseits muss bei diesen Prozessen zwischen den jeweiligen Beschichtungen gespült werden. Dies ist nötig, um die Verschleppung von Elektrolyt zu verringern. Beim Überheben eines Bauteils ist dieses der Umgebungsluft ausgesetzt, wodurch sich auf der Oberfläche Deckschichten bilden (Passivierung) und in der Folge eine mangelnde Schichthaftung auftreten kann. Alternativ ist es möglich, mit einer Reaktortechnik [8] zu arbeiten. Hierbei wird das zu beschich-
tende Bauteil in einem geschlossenen Behälter (Reaktor) fixiert und die Elektrolyte sowie Spülwässer werden zugeführt beziehungsweise wechselweise umgepumpt. Dadurch würde sich die Herstellung von Multilagenschichten unter Einsatz grundsätzlich unterschiedlicher Elektrolytsysteme durchaus realisieren lassen, wobei der apparative Aufwand für die Anlage nicht unerheblich ist.

Im Ein-Elektrolyt-Verfahren wurden die Multilagen durch die Änderung der Arbeitsparameter für einen eingesetzten Elektrolyten hergestellt. Der apparative und wirtschaftliche Vorteil von Ein-Elektrolyt-Verfahren ist, dass das zu beschichtende Werkstück während des Prozesses in einem Behälter verbleibt und somit die Zwischenspülung nicht nötig ist. Zudem besteht keine Gefahr einer inakzeptablen Schichthaftung zwischen den unterschiedlichen Einzelschichten, da keine Passivierung erfolgt. Die Herausforderung beim Ein-Elektrolyt-Verfahren besteht darin, reine Metallschichten in Kombination mit Legierungsschichten herzustellen, weil die Einzellagen immer das zweite abzuscheidende Metall enthalten. Außerdem müssen die Elektrolytkomponenten eine ausreichende Redoxstabilität und Löslichkeit aufweisen und die Legierungszusammensetzung muss bezüglich der Stromführung empfindlich sein.

Eine geeignete Alternative für ein Ein-Elektrolyt-Verfahren bietet sich in Form der Nickel-Phosphor-Abscheidung, da hier durch Variation der Arbeitsparameter eine Änderung des Phosphoranteils in der Legierung möglich sein sollte. Diese wiederum verändert die mechanischen und chemischen Eigenschaften der hergestellten Metallschichten.

Für die Herstellung von Multilagenschichten ist dies das interessantere Verfahren. Hierbei werden die Mechanismen der diffusionskontrollierten Metallabscheidung ausgenützt, um Multilagenschichten herzustellen. Im Gegensatz zur Legierungsabscheidung sollten in diesem Fall die Abscheidepotenziale weit auseinander liegen. Das kann durch unterschiedliche Konzentrationen der Metallionen erreicht werden, aber auch durch Komplexbildner, die die Aktivitäten der vorliegenden Metallionen (wie sie mit der Nernst-Gleichung fassbar sind) beeinflussen. Die übliche Methode ist die Pulstechnik (in der Regel ein Doppelpulsverfahren).

Für diese Art der Multilagenabscheidung spielen sich die entscheidenden Prozesse in der Doppelschicht (Grenzzone mit einer Dicke von einigen 10 µm zwischen Metalloberfläche und Elektrolyt) ab. Bei niedrigen Potenzialen werden nur die elektrochemisch edleren Metallionen reduziert (Ionen mit dem positiveren elektrochemischen Potenzial). Das heißt aber auch, dass die Grenzschicht an elektrochemisch edleren Metallionen verarmt. Wird jetzt das Potenzial (bzw. die Stromdichte) erhöht, scheiden sich die an der Grenzfläche angereicherten, unedleren Metallionen ab. Durch eine Pulspause kann sich der Grenzfilm wieder aufbauen (Dreifachpulsverfahren) und der Prozess alternierend wiederholt werden.

Aus diesem Grund wurde diese Art der Abscheidung für die Multilagenherstellung näher untersucht.

3 Grundlagen der Abscheidung

Die elektrochemische Nickel-Phosphor-Abscheidung ist ein alternatives Verfahren zum chemisch (autokatalytisch) arbeitenden Verfahren, das seit langem bekannt ist [1]. Während sich die chemische Abscheidung vor allem durch die gleichmäßige Schichtdickenverteilung auszeichnet, unterliegt die galvanische Nickelabscheidung aufgrund der lokal unterschiedlichen Stromdichten einer Streuung der Schichtdickenverteilung und daraus resultierenden, lokal höheren beziehungsweise niedrigen Schichtdicken. Je nach Einsatzfall und aufgebrachter Metallschichtdicke kann dies von entscheidendem Nachteil sein. Allerdings kommen andere wichtige Vorteile dieses Verfahrens zur Geltung:

  • niedrige Prozesstemperatur (60 °C)
  • höhere Abscheidegeschwindigkeiten
  • geringere Prozesskosten, da kein Reduktionsmittel benötigt wird
  • Phosphorgehalt ist durch die Stromdichte steuerbar

Die Eigenschaften der galvanisch hergestellten Nickel-Phosphor-Schichten lassen sich gut mit denen unter Verwendung eines Reduktionsmittels hergestellten, chemisch abgeschiedenen Nickelschichten vergleichen. Dies erlaubt eine gute Einschätzung der zu erwartenden Schichteigenschaften.

Die in der Literatur [1, 3] beschriebenen Elektrolyte enthalten neben Nickelsulfat als Metalllieferant noch einen Phosphorlieferant (Phosphorsäure, Phosphonsäure). Der Reaktionsmechanismus wird folgendermaßen vermutet, wobei zwischen einem sogenannten direkten und einem indirekten Weg unterschieden wird:

Direkter Weg
H3PO3 + 3H+ + 3e- P(s) + 3H2O <1>
U0 = -0,49 V (SHE)

Indirekter Weg
H3PO3 + 6H+ + 6e- PH3(g) + 3H2O <2>
U0 = -0,28 V (SHE)
H3PO2 + 4H+ + 4e- PH3(g) + 2H2O <3>
U0 = -0,17 V (SHE)

2PH3 + 3Ni2+ 2P(s) + 3Ni(s) + 6H+ <4>

Bekanntermaßen spielt der Phosphorgehalt eine dominierende Rolle in Bezug auf die Eigenschaften der Nickel-Phosphor-Legierungsschichten. Aus den Abscheidetheorien lässt sich ableiten, dass der Phosphorgehalt von folgenden Parametern bestimmt wird:

  • Konzentration der Phosphorverbindung (Phosphorlieferant)
  • pH-Wert
  • Temperatur
  • Grenzfilmdicke (aus der Hydrodynamik)
  • Stromdichte

Für eine Multilagenabscheidung mittels eines Ein-Elektrolyt-Systems ist es erforderlich, dass der Parameter, der den Phosphorgehalt steuert, relativ einfach variiert werden kann. Daher kommen der pH-Wert, die Temperatur und die Konzentration der Phosphorkomponente zum Steuern des Phosphoreinbaus nicht in Betracht. Die Hydrodynamik ist für komplizierte Bauteile auch kein geeigneter Steuerparameter, da die Strömung sehr stark durch die Oberflächengeometrie beeinflusst und bei größeren Flächen (bzw. Teilen) kaum über einen längeren Zeitraum in der erforderlichen Genauigkeit konstant gehalten werden kann.

Es bleibt damit für die Steuerung des Phosphorgehalts nur die Variation der Stromdichte. Hierbei ergibt sich folgender Sachverhalt:

  • hoher Phosphoreinbau (13 %) bei niedrigen Stromdichten
  • geringerer Phosphoreinbau bei höheren Stromdichten

Diese Daten basieren auf Angaben der Literatur [5], denen zufolge der Phosphorgehalt einer Nickel-Phosphor-Schicht zwischen etwa 6 % und etwa 14 % bei Stromdichten zwischen etwa 1 A/dm2 und 12,5 A/dm2 variiert (Abb. 1). Die Verwendung des elektrolytischen Verfahrens zeichnet sich im Vergleich zur autokatalytischen Abscheidung von Nickel-Phosphor dadurch aus, dass keine Stabilisatoren auf Basis von Blei oder Kadmium enthalten sind. Zudem fallen keine Abbauprodukte des Reduktionsmittels an, die in der Regel die Nutzungsdauer des Elektrolyten verringern. Ebenso scheidet die unbeabsichtigte Ausscheidung von feinen Nickelpartikeln aus (auch als Wildabscheidung bezeichnet), die als feine, stark störende Partikel in die Schicht mit eingebaut werden können. Die galvanische Abscheidung hat also, mit Ausnahme der ungünstigen Schichtdickenverteilung, einige Vorzüge gegenüber der chemischen Nickelabscheidung.

Für die Herstellung von Multilagen mit Hilfe der elektrolytischen Nickel-Phosphor-Abscheidung ist es erforderlich, mit einem geeigneten Pulsverfahren (Abb. 2) zu arbeiten, das eine Variation der Dicke der Einzellagen möglich macht und damit die Einstellung der geeigneten Schichtkombinationen erlaubt.

Abb. 1: Phosphorgehalt als Funktion der Stromdichte [5]

Abb. 2: Stromdichteverlauf zur Herstellung eines Multilagenaufbaus mit 16 Einzellagen [7]

 

4 Herstellung von Multilagenschichten

Für die Untersuchungen wurde der Elektrolyt NIPHOS 967 der Umicore Galvanotechnik GmbH eingesetzt und mit folgenden Elektrolytparametern gearbeitet:

  • Nickel: 20 g/L
  • Phosphor: 10 g/L
  • pH-Wert: 2,6 (2,5-2,7)
  • Temperatur: 60 °C

Mit dem Elektrolyten ist es möglich, sowohl die Dicken der Einzellagen als auch die Anzahl der Lagen nahezu beliebig zu variieren. So wurden beispielsweise Gesamtschichtdicken von jeweils 24 µm und drei Schichtdickenverhältnissen (1:1, 1:2 und 2:1) hergestellt und untersucht. Die Einzellagen wurden mit Strompulsen bei 2 A/dm2 und 8 A/dm2 erzeugt. Mit diesem System ist es möglich, die Einzellagen sehr dünn abzuscheiden. Für das 1:1 Verhältnis konnte so die Gesamtschichtdicke von 24 µm aus 128 Lagen zu je etwa 0,188 µm aufgebaut werden. Die abgeschiedenen Multilagen wurden mittels REM/EDX charakterisiert [7]. Die Analyse zeigt, dass die angestrebten Schichtdicken der Einzellagen erreicht werden (Abb. 3).

Abb. 3: Multilagen aus Nickel-Phosphor mit unterschiedlichem Phosphorgehalt mit 4 Lagen (links) sowie mit 64 Lagen (rechts) [7]

 

5 Charakterisierung der Schichten

Die EDX Analyse (Abb. 4) bestätigt, dass der Phosphorgehalt mit der Stromdichte über die Einzellagen variiert. Um eine verstärkt verschleißbeständige Oberfläche zu erhalten, wurde die Endschicht bei 8 A/dm2 abgeschieden. Für die mit 2 A/dm2 abgeschiedenen Schichten liegt der Phosphorgehalt bei ungefähr 12 % bis 13 %, während er für die mit 8 A/dm2 abgeschiedenen Schichten bei 5 % bis 6 % liegt. Bei der Abscheidung mit 64 Lagen sind die individuellen Schichtdicken von ca. 0,375 µm in den REM-Bildern (Abb. 3) noch gut zu erkennen. Der Phosphorgehalt lässt sich durch das begrenzte Auflösungsvermögen des EDX-Linescans jedoch nicht den Einzellagen zuordnen (Abb. 4).

Abb. 4: EDX-Analyse von Multilagen mit 4 und 64 Lagen [7]

Abb. 5: GD-OES Messungen für die Nickel-Phosphor-Schichten mit unterschiedlicher Anzahl an Lagen und unterschiedlichen Phosphorgehalten [7]

 

Zur Bestimmung der Zusammensetzung der Multilagen wurden zudem GD-OES-Messungen durchgeführt. Wie Abbildung 5 zeigt, sind aufgrund der unterschiedlichen Phosphorgehalte die Einzellagen auch für die dünneren Schichten noch gut zu erkennen.

Die bei zwei unterschiedlichen Stromdichten (2 A/dm2 und 8 A/dm2) abgeschiedenen Schichten zeigen erwartungsgemäß auf Grund der verschiedenen Phosphorgehalte unterschiedliche Kristallinität, Härte und Korrosionseigenschaften. Die Messwerte für den Phosphorgehalt in Abhängigkeit von der Stromdichte, die Röntgenstruktur sowie Härte und Korrosionseigenschaften sind in Abbildung 6 zusammengefasst.

Abb. 6: Phosphorgehalt, Kristallstruktur, Härte und elektrochemisches Verhalten der Schichten, abgeschieden mit 2 A/dm2 und 8 A/dm2 [7]

 

Die Messung mittels Auger-Elektronen-Spektroskopie ergibt für die mit 2 A/dm2 abgeschiedenen Nickel-Phosphor-Lagen einen Phosphorgehalt von 14,2 m-% und die bei 8 A/dm2 einen Gehalt von 6,7 m-%, womit die Werte der EDX-Analyse bestätigt sind. Abbildung 6 zeigt des weiteren die Röntgendiffraktogramme der Einzellagen. Die Schichten mit dem höheren Phosphorgehalt sind erwartungsgemäß amorph und die mit dem geringeren Gehalt kristallin. Entsprechend differieren Eigenschaften wie Härte oder Korrosionsbeständigkeit zwischen den Schichten. Die Härtemessung für die amorphen Nickel-Phospor-Schichten ergab Werte von 570 HV und 700 HV für die kristallinen Schichten (Abb. 6), wobei die Messung bei relativ dünnen Einzellagen bei Multilagenschichten mit einer starken Schwankung der Messwerte belegt ist. Unterschiede sind schließlich auch bei Stromdichte-Potenzial-Kurven zu erkennen, aus denen in der Regel Korrosionseigenschaften abgeleitet werden. Die bei 2 A/dm2 abgeschiedenen Nickel-Phoshor-Schichten zeigen deutlich niedrigere Korrosionsströme bei höheren Potenzialen als die bei 8 A/dm2 abgeschiedenen Schichten.

An Querschliffen wurden des weiteren AFM-Untersuchungen durchgeführt, die einen Zusammenhang zwischen Härte- und Korrosionseigenschaften der Multilagen erkennen lassen (Abb. 7). Die Multilagen lassen sich hierbei sehr gut erkennen, auch für Einzelschichtdicken unter 0,5 µm. Nach dem Polieren sind die amorphen, weicheren NiP-Lagen (bei 2 A/dm2 abgeschieden) ungefähr 50 nm tiefer als die härteren Schichten. Werden die Querschliffe hingegen geätzt, zeigen die AFM-Bilder, dass die weicheren amorphen Schichten nun ca. 200 nm höher als die kristallinen härteren Schichten herausragen, da sie die korrosionsbeständigeren Schichten sind. Die Änderung des AFM-Höhenprofils durch das Schleifen (eine mechanische Beanspruchung) und das Ätzen (ein korrosives Verfahren) entspricht den unterschiedlichen Härte- und Korrosionseigenschaften, die durch den unterschiedlichen Phosphorgehalt in den Schichten entstanden sind.

Abb. 7: AFM-Bilder (oben) für Multilagen poliert (a) 8; (b) 16; (c) 128 Lagen und geätzt (d) 8; (e) 16; (f) 128 Lagen sowie AFM-Linescans für die 8 und 16 Lagen (grauer Hintergrund entspricht kleinem Phosphorgehalt und weißer Hintergrund hohem Phosphorgehalt) [7]

 

5.1 Verschleißschutzmessung mittels Taber Abraser

Der Einsatz der Multilagen ist vor allem für den Verschleißschutz vorgesehen. Damit stellte die direkte Bestimmung des Abriebverhaltens mittels Taber Abraser ein wichtiges Verfahren zur Charakterisierung dar. Ein niedrigerer Taber-Abraser-Index (TAI; auch als Taber-Wear-Index (TWI) bezeichnet) weist auf eine bessere Verschleißbeständigkeit hin, wobei der TWI ein Kennwert unter Einbeziehung der abgetragenen Stoffmenge ist. Erste Untersuchungen zeigen die Unterschiede der verschiedenen Nickelsysteme (Abb. 8). Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass die Multilagen bessere Verschleißeigenschaften als etablierte Verschleißschutzschichten aufweisen. Im Vergleich mit den etablierten Schichten zeigt nur die Nickel-Phosphor- Dispersionsabscheidung mit SiC ein besseres Ergebnis als die Multilagen. Bei den Multilagenabscheidungen wurde als oberste Lage eine harte Schicht (8 A/dm2) abgeschieden.

Eine detailliertere Betrachtung der Verschleißprüfung mittels Taber-Abraser zeigt den Einfluss des Phosphorgehalts. So fällt der Abrieb, ausgedrückt in der Indexzahl TWI bei den harten Schichten deutlich geringer aus (Abb. 9).

Abb. 8: Taber-Test-Ergebnisse zwischen Multilagen und anderen Nickelsystemen [7]

Abb. 9: Mittels Taber-Abraser-Test lassen sich auch die Verschleißeigenschaften einzelner Schichten auflösen; 16 Lagenschicht mit Dicken von 2 µm (niederer Phosphorgehalt) und 1 µm (hoher Phosphorgehalt) [10]

 

In weiteren Untersuchungen wurde der reine Abrieb durch eine korrosive Belastung erweitert, was in der Prüfmethode der Tribokorrosion Anwendung findet. Auch hier zeigten die Multilagenschichten ein besseres Verhalten bei tribokorrisiver Belastung als konventionelle Einlagenschichten aus Nickel-Phosphor. Die Oberfläche wird hierbei in der Regel nur bis zu einer Tiefe von etwa zwei Lagen (bei der untersuchten Schicht die erste, oben liegende Abschlussschicht sowie die erste weiche Lage) abgetragen (Abb. 10), was einer Begrenzung des Abtrags von unter 2 µm bei den untersuchten Proben entspricht. Die Multilagen erfüllen damit die Erwartungen bezüglich besserer Beständigkeit gegen Korrosion und Verschleiß, wobei die Auswahl der Schichtdicken und der Lagenzahl je nach Anwendung zu optimieren ist.

Abb. 10: Vermessung einer Verschleißspur mittels Laser-Scanning-Mikroskop (oben) und Darstellung in einer REM-Aufnahme in unterschiedlichen Vergrößerungen (unten) [9]

 

5.2 Ausblick

Die Multilagenschichten zeigen ein hohes Potenzial als Beschichtung für Werkzeuge, da sowohl der Verschleiß als auch die Korrosion sehr positive Kennwerte aufweisen können. Allerdings haben die hier beschriebenen, galvanisch hergestellten Schichten nur bei einfachen Geometrien Vorteile im Vergleich zu chemisch abgeschiedenen Nickel-Phosphor-Schichten, da bei höheren Schichtdicken der Kantenaufbau aufgrund der vorliegenden Feldlinieneffekte zu unzulässigen Formabweichungen führt.

6 Zusammenfassung

Die Herstellung von Multilagen aus elektrochemisch abgeschiedenen Nickel-Phosphor-Legierungen mit Phosphorgehalten zwischen etwa 5 % und etwa 12 % führt zu einer Verbesserung der Beschichtung gegen Verschleiß und Korrosion im Vergleich zu einlagigem Nickel-Phosphor. Die Variation des Phosphorgehalts erfolgt durch die Änderung der Stromdichte für die Abscheidung.

Mit Hilfe von pulsierendem Gleichstrom wird die Dicke der Einzellagen durch die Abscheidedauer bei niedriger beziehungsweise höherer Stromdichte gesteuert. Bei etwa 2 A/dm2 liegt der Phosphorgehalt bei 12 % bis 13 % und bei 8 A/dm2 bei 5 % bis 6 %. Demzufolge entstehen Lagen aus amorphem und Lagen aus kristallinem Nickel-Phosphor mit Härten zwischen etwa 570 HV (weiche Lage) und 750 HV.

Mittels dieser Technik wurden Schichten mit bis zu 128 Lagen hergestellt, die sehr gute Verschleißwerte mit Abtragstiefen unter 2 µm aufweisen und damit deutlich bessere Werte als vergleichbare Einlagenschichten besitzen.

  • www.novoplan.com

Literatur

[1] A. Brenner; Electrodeposition of Alloys, Vol. 2, 1963, Academic Press, New York

[2] H. Kreye: Elektrolytisch abgeschiedene Nickel-
Phosphor-Schichten; MO - Metalloberfläche, 1990 Hanser-Verlag

[3] A. Kurowski; Dissertation TU Düsseldorf 2003

[4] Patent DE 102009015502 B4

[5] F. Gaßner: Elektrolytisch abgeschiedene Nickel-
Phosphor-Legierungen - Funktionswerkstoffe mit
unterschätztem Potential? Galvanotechnik, 96 (2005)4, S. 818-822, 6 Abb., 1 Tab., 1 Lit.-Hinw.

[7] TU Ilmenau, Sachbericht zum ZIM-Projekt: Entwicklung und Erprobung von galvanisch abgeschiedenen Multilagen-Schichtsystemen für verbesserte Korrosions- und Verschleißschutzsysteme; FKZ: VP 2563113 AG4; 2017

[8] Patent DE 1010767492

[9] Interner Untersuchungsbericht des Fraunhofer-IPA zur Tribokorrosion von Nickel-Phosphor-Schichten; Dr.-Ing. Claudia B. dos Santos; 2017

[10] Messergebnisse der NovoPlan GmbH, Aalen

 

DOI: 10.7395/2017/Bingel2

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