Komplettbearbeitung: Automatisiertes Entgraten als Kür

Werkstoffe 09. 12. 2017
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Begonnen wurde auf einem Dreh-Fräszentrum. Mittlerweile sind zahlreiche horizontale Bearbeitungszentren mit den Entgratwerkzeugen Engraflexx bestückt. Aus gutem Grund, denn für die Roland Erdrich GmbH in Oppenau sind eine kontinuierliche Maschinenauslastung, eine Verkürzung der Durchlaufzeiten sowie die Zeit, um Prozesse zu optimieren, Zeit- und Kostenvorteile, die nicht zu ignorieren sind.

Durch zunehmenden Kostendruck, Personal­mangel sowie eine noch höhere Qualität der Werkstücke bei gleichzeitig geringen Durchlaufzeiten hat sich der Trend zur Komplettbearbeitung längst gefestigt. Teile dieser Komplettbearbeitung beziehen sich deshalb mittlerweile nicht nur auf die Kombination unterschiedlicher Technologien auf Bearbeitungszentren, sondern auch auf den Einsatz von Werkzeugen. Dazu zählt unter ­anderem auch das Entgraten undefinierter Kanten, beispielsweise an Gussteilen. Beim Unternehmen Roland Erdrich wird deshalb seit Jahren, wenn irgendwie möglich, auf einer dafür ausgerichteten Maschine entgratet, unter Einsatz der Entgratwerkzeuge Engraflexx der Gravostar Technologies.

Das war noch vor einigen Jahren anders. Bauteile aus Guss, überwiegend aber Aluminium, wurden zeitintensiv manuell entgratet. Im Zuge fortschreitender Automation und dem Trend zur Komplettbearbeitung begann das Unternehmen, sich mit der Thematik intensiver zu beschäftigen. Anlass war ein Bauteil, bei dem die Stückzahlen kontinuierlich stiegen und zudem Teilefamilien entstanden. In Oppenau war man deshalb auf der Suche nach einer Lösung. Und so wurde erstmals für ein Dreh-Fräszentrum in das Entgratwerkzeug Engraflexx investiert. Für Produktionsleiter Steve Erdrich, der die Automatisierung weiter forciert, eine nachvollziehbare Wende. Ihm zufolge war es sicher so, dass das manuelle Entgraten bei Roland Erdrich Gewohnheit war und vor der Investition in solche Werkzeuge zurückgeschreckt wurde. Inzwischen wird eine derartige Investition langfristiger gesehen. So wird im Unternehmen jetzt berücksichtigt, wie viele Teile entgratet werden müssen, was die Anforderungen bezüglich Prozesssicherheit und Wiederholgenauigkeit sind oder wie hoch die alternativen Personalkosten wären. In vielen Fällen sind das nach Aussage von Steve Erdrich Faktoren, die einen Einsatz dieser Werkzeuge rentabel machen.

Mittlerweile wird in Oppenau mit insgesamt sechs Engraflexx entgratet, überwiegend auf den Bearbeitungszentren. Bei Losgrößen von 30 000 Stück im Jahr, muss nach Aussage von Steve Erdrich, nicht mehr viel gerechnet werden. Bei langfristiger Betrachtung dieser Investition sind es zahlreiche Argumente, die in Oppenau für ein Entgraten auf der Maschine sprechen. Das ist zunächst der Bediener der Maschine, der jetzt statt dem parallelen manuellen Entgraten die Zeit hat, Prozesse zu optimieren oder auch periphere Aufgaben zu bewältigen. Ein weiteres Thema sind die Maschinenlaufzeiten. Während Skeptiker die längeren Laufzeiten als negativ sehen, wird das bei Erdrich nicht nur als Nachteil bewertet. Durch die etwas längeren Programmlaufzeiten produzieren die Maschinen in mann­armen oder mannlosen Schichten länger und lückenloser. Abgesehen davon resultieren aus dem automatischen Entgraten kürzere Durchlaufzeiten pro Werkstück. Das wiederum hat eine Steigerung an Kapazitäten und Planungssicherheit zur Folge. Neben den wirtschaftlichen Gründen sind es in Oppenau allerdings auch der Personalmangel, der Platzbedarf für entsprechende Entgratplätze oder auch Gesundheitsaspekte für den Einsatz an der Maschine.

Schon ab Losgröße 50 wird es interessant

Konkret werden bei Erdrich unter anderem auch gezogene Profile mit komplexen aber nicht immer identischen Geometrien an der Maschine entgratet. Bauteile, die auf Türme gespannt, à 16 Werkstücke, mit Losgrößen von 3000 bis 4000 Stück im Monat anfallen. Die Profile haben nur eine Eckenrundung und werden an der Außenfläche nicht bearbeitet. Es müssen aber die Übergänge gefräster Vorderflächen zu den Mantelflächen entgratet werden. Aufgrund der auslenkbaren Spindel für den automatischen Ausgleich von Maß- und Positionsabweichungen der zu entgratenden Kanten geschieht das derart prozesssicher, wie es von Hand kaum möglich wäre.

Dieser hohe Qualitätsanspruch gilt auch, wenn exakte Fasen den Vorgaben entsprechen sollen. Engraflexx legt sich durch die flexibel auslenkbare Spindel der Kontur an und sichert so eine exakte Wiederholgenauigkeit. Martin Spangenberger, Geschäftsführer der Spangenberger GmbH & Co. KG und zuständig für den Vertrieb von Engraflexx, sieht den Einsatz des Werkzeugs allerdings nicht immer als so einfach: Bei Erdrich sind die Bauteile sehr präzise und teilweise auch filigran. Da müssen wir je nach Material die Schneiden und Schneidwinkel der Fräser auslegen, Schnitt- und Vorschubgeschwindigkeiten sowie die Anpresskraft optimal abstimmen. Ist ein Werkstück dann aber einmal eingefahren, muss nur noch ein Feintuning vorgenommen werden. Das heißt, bei solch anspruchsvollen Kunden, macht zu Beginn eine Unterstützung durchaus Sinn.

Sinn macht sicher auch eine Abwägung, ab wann sich Engraflexx rechnet. Bei einer Viel­zahl von Bauteilen kann das in Oppenau nicht bis ins Detail geprüft werden. Bei einer Losgröße über 50 Stück allerdings wird analysiert, werden Vorschläge von Mitarbeitern aufgenommen und dann entschieden, ob man komplexe Werkstücke komplett auf der Maschine (evtl. inklusive Beschriftung) fertigt. Das ist freilich nicht immer möglich. Deshalb wird noch nach wie vor eine große manuelle Entgratstation betrieben. Einer der Grund­sätze ist nach Aussage von Steve Erdrich, dass alles getan wird, damit ein komplexes Bauteil komplett, also auch gratfrei von der Maschine kommt; dazu muss Energie investiert werden. In manchen Fällen, wie beispielsweise bei einigen der Hydraulikbauteile mit zahlreichen Überschneidungen, sind aber durch die Geometrien Grenzen gesetzt.

Für Steve Erdrich gilt das Fräsen, Drehen und Bohren auf der Maschine als Pflicht, das Entgraten als Kür. Nimmt man ihn damit beim Wort, ist da in dieser Kür wohl eine volle Punktzahl zu erreichen.

Über die Roland Erdrich GmbH

Das Unternehmen hat sich mit 134 Mitarbeitern auf die Herstellung von hochwertigen Dreh- und Frästeilen sowie die Montage kompletter Baugruppen spezialisiert. Auf einer Fläche von 6500 Quadratmetern fertigt man mit 14 CNC-Drehmaschinen, 22 Bearbeitungszentren und sechs Dreh-Fräszentren so ein anspruchsvolles Teilespektrum für Kunden aus nahezu allen Branchen, wie dem Maschinen- und Anlagenbau, der Elektrotechnik, Medizintechnik, Lasertechnologie und vielen anderen mehr. Bearbeitet werden alle zerspanbaren Materialien, wobei Aluminium einen besonders umfangreichen Anteil der Produktion einnimmt.

Für gewöhnlich wird bei Erdrich vor jeder Investition ein Benchmark durchgeführt. Mit Engraflexx war aber bereits eine funktionierende Lösung im Haus vorhanden und dazu war keine Alternative in Sicht. Zudem sind keine vergleichbaren Werkzeuge am Markt verfügbar.

Auch die Mitarbeiter nehmen den Einsatz von Engraflexx sehr positiv auf. Deshalb kommen von dieser Seite auch häufig Anregungen, wo das Werkzeug noch sinnvoll eingesetzt werden könnte.

  • www.erdrichgmbh.de
  • www.spangenberger-kg.de
  • www.gravostar.com
 

Begonnen hat man mit Engraflexx auf einem Dreh-Fräszentrum, weil bei einem Bauteil die Stückzahlen kontinuierlich stiegen und zudem Teilefamilien entstanden

 

Steve Erdrich, Uwe Watzke (Technologieteam Fräsen) und Martin Spangenberger (v.l.n.r.)

 

Mittlerweile sind viele ­Bearbeitungszentren in Oppenau mit dem Entgratwerkzeug Engraflexx ausgerüstet

 

Text zum Titelbild: Diese Bauteile, gezogene Profile mit komplexen aber nicht immer identischen Geometrien werden, à 16 Werkstücke, auf Türme gespannt. Die Losgrößen liegen zwischen 3000 bis 4000 Stück im Monat

 

Bei einer Losgröße über 50 Stück wird analysiert und dann entschieden, ob man komplexe Werkstücke komplett auf der Maschine fertigt

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