Feierliche Einweihung des Prüfstands für elektrifizierte Antriebe| WOTech Technical Media

Feierliche Einweihung des Prüfstands für elektrifizierte Antriebe

Von links: Stefanie Ulrich (AUDI AG), Prof. Jürgen Schröder (HHN) und Jürgen Königstedt (AUDI AG) bei der Einweihung des Antriebsprüfstands

 

Feierlich konnte die Hochschule Heilbronn nach vier Jahren Verhandlungen, Planungen und Installation ihren Prüfstand für elektrifizierte Antriebe von Kraftfahrzeugen am Campus Sontheim einweihen. Dieser ermöglicht nun im Vollbetrieb das Testen von Elektromotoren und -systemen, deren Einsatz von Leichtbausparmobilen bis hin zum hochdynamischen E-Sportwagen reicht. Nach Rektor Prof. Dr.-Ing. Jürgen Schröder ist dies ein weiterer wichtiger Schritt für die Hochschule Heilbronn und ihren Studien- und Forschungsschwerpunkt Automotive Systems Engineering.

Finanziert wurde der Antriebsprüfstand aus Mitteln des Landes Baden-Württemberg (600 000 EUR), aus Eigenmitteln der Hochschule mit der Fakultät für Mechanik und Elektronik (400 000 EUR) und der AUDI AG (500 000 EUR). Nach öffentlicher Ausschreibung errichtete die AVL Deutschland GmbH, führend im Markt der automobilen Prüfstandstechnik, die Anlage als Generalunternehmer.

Keineswegs beschränkt sich das Arbeitsgebiet des Prüfstands auf batterieelektrische Fahrzeuge, deren Markt zwar noch sehr klein, aber durch erhebliche Wachstumsraten ausgezeichnet ist. Vielmehr erlaubt der Prüfstand die große Vielfalt von elektrischen Subsystemen zu testen: von eher kleinen Maschinen in so genannten mild-hybrid Systemen über potente Motoren eines elektrischen Achsantriebs bis zu kompakten Hochdrehzahl-Konzepten können elektrische Maschinen unter gleichen Belastungen wie im Kraftfahrzeug betrieben werden. Von zentraler Bedeutung ist dabei, dass nicht die E-Maschine alleine, sondern das gesamte Antriebssystem mit Leistungselektronik, Steuergeräten, Vernetzung und nicht zuletzt Energiespeichern wie Akkus oder sogar Supercaps geprüft wird. Man spricht von Testen „in-the-loop“, wobei die Umgebung des Antriebssystems vom Prüfstand simuliert wird bis zur Möglichkeit, virtuell an der Hochschule Heilbronn die Nürburgring-Nordschleife in Rekordzeit zu umrunden.

Prägende Elemente des Prüfstands sind zunächst die drei elektrischen Belastungsmaschinen: zwei identische Exemplare mit jeweils 120 KW / 1500 Nm max. bilden ab, welche Leistungen und Drehmomente von den Rädern einer Antriebsachse des Kraftfahrzeuges auf die Straße übertragen werden. Neben üblichen Fahrfunktionen wie Beschleunigung, elektrischem und konventionellen Bremsen, Steigungen und Maximalgeschwindigkeiten kann auch die Drehmomentverteilung rechts/links als so genanntes „Torque Vectoring“ variiert werden. Dadurch kann die Fahrdynamik gesteigert und die Fahrsicherheit verbessert werden, indem ein ESP erweiterte Funktionen bietet. Die dritte Lastmaschine erlaubt Drehzahlen bis zu 20 000 1/min, wodurch elektrische Antriebsmaschinen leichter und kompakter dargestellt werden können. Die dann notwendige Übersetzung eröffnet zusätzliches Potenzial, wenn z. B. ein Stufengetriebe eine Anpassung des Betriebskennfeldes erlaubt.

Über die Antriebshardware hinaus nimmt es in der Automobilentwicklung einen immer größeren Raum ein, Funktionen im System darzustellen, was in engerem Sinne Sensorik sowie Software und Daten in Steuergeräten umfasst. Auch für dieses Aufgabenfeld stellt der Prüfstand eine flexible Plattform für Lehre und Forschung dar. Als Beispiele seien hier ein unter allen Fahrbedingungen sicherer Übergang zwischen elektrisch rekuperierendem und hydraulischen Bremsen oder die Zusatzmöglichkeiten elektrischer Antriebe bei vorausschauenden Fahrerassistenzsystemen oder dem (teil-) autonomen Fahren sowie optimierte Betriebsstrategien moderner Leistungselektronik, Batteriesysteme, aber auch Verbrennungsmotoren genannt.

Fachlich beteiligt an diesem Labor sind gleich vier Professoren der Hochschule, die ihr Wissen und ihre Expertise zur Verfügung stellen. Neben Prof. Dr.-Ing. Hermann Koch-Gröber (Fachgebiet Antriebe im KFZ) aus dem Studiengang Automotive Systems Engineering, der auch als Projektleiter des Prüfstands fungiert, handelt es sich um die Professoren Dr.-Ing Markus Harke (Fachgebiet Elektrische Maschinen im Studiengang Maschinenbau), Dr.-Ing. Rainer Uhler (Fachgebiet Leistungselektronik im Studiengang Elektronik und Informationstechnik) und Dr.-Ing. Raoul Zöllner (Fachgebiet Informatik im KFZ – Fahrerassistenzsysteme). Komplettiert wird das Team durch die Betriebsingenieurin Bettina Lampe, die den Prüfstand entsprechend betreut.

Projektleiter Koch-Gröber skizzierte in seinen Ausführungen die mögliche Vorgehensweise bei kooperativen Forschungsprojekten: Im Sinne der angewandten Forschung sehen wir Projekte mit Industriepartnern, wie z.B. bereits praktiziert mit der AUDI AG, aber auch mit der mittelständischen Automobilzulieferindustrie oder innovativen Technologiefirmen, die selbst über keine entsprechende Prüfvorrichtung verfügen. Typischerweise stellen uns diese ein elektrisches Antriebssystem zur Verfügung und beauftragen uns mit entsprechenden Fragestellungen z. B. zur optimalen Betriebsstrategie oder Einflussfaktoren auf Geräuschentwicklung oder Schwingung.

https://www.hs-heilbronn.de

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