Eduard Arzt vom Saarbrücker Leibniz-Institut erhält höchsten europäischen Forschungspreis

Eduart Arzt, wissenschaftlicher Geschäftsführer des INM, erhält einen ERC Advanced Grant / Bildquelle: Uwe Bellhäuser
Der Materialwissenschaftler Professor Eduard Arzt, wissenschaftlicher Geschäftsführer des INM – Leibniz-Institut für Neue Materialien, wird vom Europäischen Forschungsrat (ERC) mit einem Advanced Grant in Höhe von rund 2,5 Millionen Euro ausgezeichnet. Damit will Arzt in den nächsten fünf Jahren dreidimensionale Strukturen und Oberflächen entwickeln, deren Funktionen sich durch äußere Reize an- und ausschalten lassen. Die Advanced Grants des ERC ehren europäische Forscher, die bereits herausragende Leistungen in der Pionierforschung erbracht haben.
Mit seiner Forschung verfolgt Arzt mehrere Ziele: Einerseits ließen sich durch schaltbare Haftung beispielsweise hochempfindliche Wafer oder Linsensysteme rückstandlos und ohne Beschädigung in Produktionsprozessen aufheben und ablegen, ohne Greifer oder Saugnäpfe. Medizinische Implantate, deren Haftung erst auf Wunsch beginnt, erleichterten die Arbeit von Chirurgen. Andererseits birgt das Schalten der Mikrostrukturen neben Haftprinzipien auch die Möglichkeit, das Tastgefühl gezielt zu verändern. So könnten künftig zum Beispiel Autolenkräder durch eine schlagartig veränderte Oberfläche eine Gefahrenwarnung aussenden; auf glatten Touchscreens ließe sich per Knopfdruck eine Tastatur erfühlen und damit der Tastsinn bei der Kommunikation Mensch-Computer nutzen.
Während statische Haftsysteme für ebene, harte Oberflächen schon seit Längerem eingehend untersucht wurden, ist der Nachbau von schaltbarer Haftung und von Haftung auf weichen Oberflächen nahezu unerforscht. Kontrolliert Haften und Ablösen – dieses Prinzip ist in der Natur bekannt: Geckos können sich dadurch auf glatten, rauen, weichen und harten Untergründen, auf Wänden und sogar kopfüber fortbewegen. Ihr Haftvermögen beruht auf feinen Härchen, so genannten Fibrillen, an ihren Füßen, so der wissenschaftliche Geschäftsführer des INM.
Mit dem ERC-Projekt erforscht das Institut eine neue Generation von künstlichen Gecko-Strukuturen: Durch Veränderung der Temperatur, durch elektrische Felder oder andere äußeren Einflüsse soll das gezielte An- und Ausschalten der Haftung möglich werden. Ein zweiter Schwerpunkt liegt auf dem Verständnis dafür, wie Geckostrukturen auf weichen Oberflächen – wie zum Beispiel auf menschlicher Haut – haften können. Damit soll dieses Prinzip auch für Taststrukturen und biomedizinische Anwendungen weiterentwickelt werden. Schließlich soll die Machbarkeit von bioinspirierten Oberflächen auf größerem Maßstab demonstriert werden, um die Basis für eine kostengünstige Herstellung zu erarbeiten .
Zur Professor Eduard Arzt
Professor Eduard Arzt studierte Physik und Mathematik an der Universität Wien, wo er 1980 promovierte. 1980 bis 1990 forschte Arzt an der Cambridge University (Großbritannien), der Stanford University (USA) sowie am Max-Planck-Institut für Metallforschung (Stuttgart). Von 1990 bis 2007 war er Direktor am Max-Planck-Institut für Metallforschung. Seit 2007 leitet er als wissenschaftlicher Geschäftsführer das INM – Leibniz-Institut für Neue Materialien und ist Professor für Neue Materialien an der Universität des Saarlandes.
Zu ERC und Pionierforschung
Der ERC fördert eine als Pionierforschung oder Frontier Research charakterisierte grundlagenorientierte Forschung. Mit diesen Begriffen wird bahnbrechende und visionäre Forschung bezeichnet, bei der die Grenzen zwischen Grundlagen- und angewandter Forschung, zwischen klassischen Disziplinen und zwischen Forschung und Technologie aufgehoben werden.
Der ERC hat den Anspruch, mit seinem Programm langfristig zur Spitze des technologischen und wissenschaftlichen Fortschritts in Europa und der Welt zu werden. Mit einer Mischung aus Grundlagen- und angewandter Forschung soll die Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität des europäischen Forschungsraums gesteigert werden. Geforscht wird sowohl zu drängenden als auch zukünftigen wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Themen.
Zum Erreichen dieser Ziele werden exzellente und kreative Forschende aus den Natur-, Ingenieurs-, Geistes-, Sozial- und Lebenswissenschaften benötigt, die auch über die Grenzen ihres Fachgebiets hinaus neue Ideen entwickeln. Mit Hilfe dieser Ausnahmewissenschaftler/innen treibt der ERC die Institutionalisierung europäischer Spitzenforschung auf individueller Ebene und die Etablierung eines reichhaltigen europäischen Wissenspools voran.
www.inm-gmbh.de
www.leibniz-gemeinschaft.de
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