VDI-Richtlinie 5708 Bioprinting, Methoden und Definitionen: Was auf den ersten Blick technisch und nüchtern klingt, ist ein wichtiger Fortschritt im Zukunftsfeld 3D-Bioprinting. Die Richtlinie wurde unter der Leitung von Dr. Hanna Hartmann vom NMI Naturwissenschaftlichen und Medizinischen Institut in Reutlingen als Obfrau und Prof. Dr. Jürgen Groll vom Universitätsklinikum Würzburg als stellvertretendem Obmann entwickelt. Nach rund eineinhalb Jahren intensiver Ausschussarbeit im transdisziplinären Gremium wurde sie nach Mitteilung des NMI als Weißdruck verabschiedet. Sie schafft damit erstmals eine verbindliche, praxisnahe Grundlage für reproduzierbare und qualitätsgesicherte Bioprinting-Verfahren.
Warum eine Richtlinie? Einheitlichkeit, Qualität, Verständlichkeit
Das 3D-Bioprinting entwickelt sich dynamisch, doch fehlende Standards erschwerten bislang die Vergleichbarkeit von Ergebnissen, die Qualitätskontrolle von Biotinten und die reproduzierbare Herstellung von Strukturen, die der regenerativen Medizin, der Bereitstellung von Testsystemen für die pharmazeutische Industrie sowie für grundlegende zellbiologische Studien dienen können. Die VDI-Richtlinie schließt jetzt diese Lücke: Sie definiert zentrale Begriffe, beschreibt methodische Grundlagen, empfiehlt Mindestanforderungen für Materialien, Prozesse und Reproduzierbarkeit und unterstützt damit sowohl Forschung als auch industrielle Produktentwicklung. Sie richtet sich explizit an alle Akteure entlang der Wertschöpfungskette – von Forschungseinrichtungen und Herstellern über Anwender bis hin zu Prüfstellen.
Einheitliche Terminologie in einem transdisziplinären Feld
Mit der neuen Veröffentlichung bietet die Richtlinie Herstellern, Forschenden und Anwendern eine gemeinsame Sprache für die Definition und Anwendung von 3D-Bioprinting-Technologien. Die transdisziplinäre Aufstellung des Richtlinien-Ausschusses war uns ein zentrales Anliegen, sagt Dr. Hanna Hartmann, Bereichsleiterin Biomedizin und Materialwissenschaften am NMI. Die Richtlinie ist nach ihren Worten ein entscheidender Schritt, um Forschung und Entwicklung zu harmonisieren. Die Technische Regel ist seit dem 1. Mai über DIN-Media erhältlich: https://www.dinmedia.de/de/technische-regel/vdi-5708-blatt-1/384316908.
Interdisziplinärer Ausschuss mit klarer Praxisorientierung
Unter dem Vorsitz von Dr. Hanna Hartmann und Prof. Dr. Jürgen Groll arbeitete ein interdisziplinär besetzter Ausschuss mit Vertreterinnen und Vertretern aus Forschung, Industrie, Anwendung und Zertifizierung an der neuen Richtlinie. In zehn Sitzungen wurden zentrale Begriffe definiert, Anforderungen an Materialien, Prozesse und Qualitätssicherung formuliert und die Ergebnisse praxisnah aufbereitet. Die VDI 5708 ist ein wichtiger Schritt hin zu nachvollziehbaren und vergleichbaren Standards, erklärt Prof. Jürgen Groll. Diese seien essenziell für die Entwicklung zukünftiger Produkte – sei es in der regenerativen Medizin, in der Wirkstofftestung oder bei In-Vitro-Diagnostika.
Die fachliche Grundlage der Richtlinie stammt aus dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekt SOP_BioPrint (FKZ:13XP5071C). Ziel war es, standardisierte Abläufe für das Bioprinting zu erarbeiten – die nun Eingang in die Richtlinie gefunden haben.
Das NMI Naturwissenschaftliche und Medizinische Institut in Reutlingen ist eine außeruniversitäre Forschungseinrichtung und betreibt anwendungsorientierte Forschung an der Schnittstelle von Bio- und Materialwissenschaften. Es verfügt über ein einmaliges, interdisziplinäres Kompetenzspektrum für F&E- sowie Dienstleistungsangebote für regional und international tätige Unternehmen. Dabei richtet sich das Institut an die Gesundheitswirtschaft sowie an Firmen aus dem Fahrzeug-, Maschinen- und Werkzeugbau. Zugleich unterstützt das NMI aktiv Ausgründungen aus dem Institut. In der Forschung arbeitet das NMI mit zahlreichen hochkarätigen Institutionen wie der Universität Tübingen, dem Universitätsklinikum Tübingen und den Instituten der Innovationsallianz Baden-Württemberg (innBW) zusammen.
Das NMI wird vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus des Landes Baden-Württemberg unterstützt und ist Mitglied der innBW, einem Zusammenschluss von zwölf außeruniversitären und wirtschaftsnahen Forschungsinstituten.
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