Ein Vierteljahrhundert branchenübergreifende Klebtechnik-Forschung

Werkstoffe 06. 03. 2025
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Experten und Expertinnen trafen sich zum 25. Kolloquium Gemeinsame Forschung in der Klebtechnik am 18. und 19. Februar 2025 in Köln

Um bei der Herstellung von Autos, Flugzeugen oder Schiffen wertvolle Ressourcen wie Stahl einzusparen, werden immer häufiger alternative Materialien genutzt. Doch wie werden solche sehr unterschiedlichen Werkstoffe sicher und langfristig verbunden? Spezialistinnen und Spezialisten der Klebtechnik entwickeln für diese Herausforderungen zukunftsorientierte Lösungen. Beispielsweise stecken heute in einem durchschnittlichen Auto zirka 15 Kilogramm Klebstoff. Die Fügetechnik Kleben spielt aber nicht nur im Fahrzeug- oder Maschinenbau eine Schlüsselrolle, sondern für den Transformationsprozess der gesamten deutschen Wirtschaft.

Fachleute aus den Bereichen der Chemie-, Stahl-, Kunststoff- oder Holzindustrie forschen gemeinsam und branchenübergreifend. Ein effektiver und gleichzeitig sehr nachhaltiger Wissenstransfer wird hier seit mehr als einem Vierteljahrhundert mit großer Wirkung in Richtung Leichtbau, Kreislaufwirtschaft oder Nutzung erneuerbarer Energien realisiert: Am 18. und 19. Februar fand in Köln das 25. Kolloquium Gemeinsame Forschung in der Klebtechnik statt, berichtet die AIF.

Guter Ruf der deutschen ­Klebtechnik in der Welt

Die Dechema – Gesellschaft für ­Chemische Technik und Biotechnologie e. V. und die drei AIF-Mitglieder ­Forschungsvereinigung Stahlanwendung e. V. FOSTA, die Forschungsvereinigung Schweißen und verwandte Verfahren e. V. des DVS und der Internationale Verein für Technische Holzfragen e. V. iVTH schlossen sich zum Gemeinschaftsausschuss Klebetechnik zusammen und sind Veranstalter des jährlichen Fachtreffens. Sie bieten mit dem Kolloquium seit mehr als zwei Jahrzehnten Wissenschaftlern, Entwicklern, Herstellern und Anwendern ein Forum mit Präsentationen von Klebstoffherstellern, mit Vorträgen über Projekte der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) sowie ein umfassendes Bild vom aktuellen Stand in Forschung und Anwendung.

Die vier tragenden Forschungsvereinigungen haben nach den Worten von Dr. Wolfgang Wittwer, Vorsitzender des Gemeinschaftsausschusses, mit ihrer Vision und einer dauerhaften, konstruktiven Zusammenarbeit die Entwicklung von noch relativ kleinen Anfängen zu einem festen Bestandteil des Kalenders für alle Interessierten der Klebtechnik im deutschen Sprachraum bewirkt. Viele der beteiligten Unternehmen haben sich in dieser Zeit technologisch und wirtschaftlich sehr gut entwickelt und tragen zum guten Ruf der deutschen Klebtechnik in der Welt bei.

Gemeinschaftsforschung ­entscheidend für Wettbewerbsfähigkeit

Durch den regelmäßigen interdisziplinären Austausch zwischen Wissenschaft und Industrie setzen die industriegetragenen Forschungsvereinigungen kontinuierlich neue Impulse für Forschung und Praxis, ­betonte Dr. Matthias Heider, Geschäftsführer der AIF – Allianz für Industrie und Forschung e. V., auf dem bundesweiten Fachkolloquium. Forschungsergebnisse aus der industriellen Gemeinschaftsforschung fänden ihren Weg in die industrielle Anwendung – und das sei ein entscheidender Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandorts Deutschland.

Das zweitägige Programm beinhaltete nach Mitteilung der AIF eine Vielzahl von moderierten Parallel-Sessions zu hyperelastischen Klebverbindungen unter Crashbelastung, zur Herstellung von geklebten Holz-Beton-Verbund-Bauteilen oder zur Entwicklung biobasierter Klebstoffe für die Anwendung in Brennstoffzellen. Mit Bezug auf das Jubiläum wurden auch Erfolgsbeispiele der IGF aus den vergangenen Jahren präsentiert. Diese hatten unter anderem einen sehr aktuellen Bezug, wenn beispielsweise gemeinsame Forschungsergebnisse im Bereich der Brückensanierung dargestellt wurden.

Um den klebtechnischen Nachwuchs zu fördern, ist es Tradition, ausgewählten jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die kostenlose Teilnahme am ­Kolloquium zu ermöglichen. In diesem Jahr wurden zehn junge Akademikerinnen und Akademiker von verschiedenen Forschungseinrichtungen vorgeschlagen. Oft bieten auch die praxisorientierten IGF-Projekte jungen Forschenden den künftigen Einstieg in innovative, in der Klebtechnik engagierte Unternehmen.

Roadmap Klebtechnik 2035 vorgestellt

Der Ausschussvorsitzende Dr. Wolfgang Witwer stellte auf dem Kolloquium darüber hin­aus die neue Roadmap Klebtechnik 2035 vor. Sie beinhaltet eine Erweiterung der bisherigen Themen wie Kommunikation und Ausbildung mit dem Ziel einer Stärkung des öffentlichen Vertrauens in die ­Klebtechnik, der Förderung der Kreislaufwirtschaft und CO2-neutrale Klebverbindungen sowie Prozess­technik mit dem Ziel einer adaptiven Kleb­technik.

Überschrieben mit den Attributen kreislauffähig, prognostizierbar und adaptiv stehen im kommenden Jahrzehnt vor allem die Methoden der Prognose entlang der Prozess­kette sowie der vernetzte Prognose-, Auslegungs- und Verarbeitungsprozess im Fokus der Klebtechnikforschung. Die Roadmap wurde nach intensivem Austausch der Fachleute beschlossen.

Dank ihrer Fähigkeit, unterschiedlichste Materialien zu verbinden, ist die Klebtechnik prädestiniert für energieeffiziente Leichtbau­lösungen, die die Festigkeits- und Stabili­tätsgrenzen der eingesetzten Werkstoffe voll ausschöpfen, sagte Jens Jerzembeck, Geschäftsführer der Forschungsvereinigung Schweißen und verwandte Verfahren e. V. des DVS und Vorstand der AIF. Um sie jedoch in immer neuen Werkstoffkombinationen sicher nutzen zu können, sei ein hohes Prozessverständnis erforderlich.

Gemeinschaftsausschuss ­bündelt Kompetenzen

Bereits seit Anfang der 2000er-Jahre bündelt der Gemeinschaftsausschuss Klebtechnik (GA-K) vor diesem Hintergrund die Kompetenzen und Aktivitäten auf dem Gebiet der Klebtechnik. Die Mitglieder des GA-K mit Vertretern aus Industrie und Wissenschaft rekrutieren sich aus den Arbeitskreisen Fertigung und Konstruktion und Adhäsion und Klebstoffchemie der Dechema, dem Fachausschuss Klebtechnik der DVS Forschung, dem Expertenausschuss Kleben von Stahl der FOSTA sowie Experten des iVTH. Die Forschungsvorhaben umfassen das gesamte Gebiet der Klebtechnik, von der Konstruktion über die Fertigung bis hin zur Reparatur und zum Recycling, auch in Kombination mit anderen Fügeverfahren.

Text zum Titelbild: Expertinnen und Experten auf dem 25. Kolloquium Gemeinsame Forschung in der Klebtechnik (© FOSTA)

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