Thüringer Forschungspreis für innovative 2D-Materialforschung vergeben

Werkstoffe 04. 09. 2024
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Für die Forschung zu maßgeschneiderten 2D-Materialien wurde ein vierköpfiges Team aus Wissenschaftlern der Friedrich-Schiller-Universität Jena und des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF mit dem Thüringer Forschungspreis ausgezeichnet. Die Würdigung für wissenschaftliche Spitzenleistungen in der Kategorie Angewandte Forschung ist mit 25 000 Euro dotiert.

Hundertausendmal dünner als ein Haar, fester als Stahl und effiziente Vermittler zwischen Licht und Strom – sogenannte 2D-Materialien sind eine sich rasant entwickelnde Materialklasse mit einzigartigen Eigenschaften und großem Anwendungspotenzial. Für ihre Forschung an eben diesen 2D-Materialien wurden Forschende der Universität Jena und des Fraunhofer IOF nun mit dem Thüringer Forschungspreis ausgezeichnet. Die Ehrung in der Kategorie Angewandte Forschung, die mit 25 000 Euro dotiert ist, erfolgte am 18. Juni an der TU Ilmenau. Die Preistragenden – Prof. Dr. Andrey Turchanin, Dr. Antony George, Dr. Christof Neumann und Dr. Falk Eilenberger (Fraunhofer IOF) – haben eine Reihe von innovativen Methoden entwickelt, um maßgeschneiderte 2D-Materialien für photonische, elektronische und optoelektronische Anwendungen herzustellen und nutzbar zu machen, berichtet das Fraunhofer IOF.

Die Gewinner des Thüringer Forschungspreises: Prof. Dr. Andrey Turchanin, Dr. Falk Eilenberger, Dr. Antony George und Dr. Christof Neumann (v. l. n. r.) (Bild: Nicole Nerger/Universität Jena)

 

Ein Hauch von Nichts

Die erforschten 2D-Materialien stellen eine neue Klasse von Werkstoffen dar, die aus nur einer oder wenigen atomaren Lagen bestehen. Das besondere an ihnen ist, dass sie ihre Eigenschaften gegenüber den dreidimensio­nalen Ausgangsstoffen drastisch ändern. Ein bekanntes Nanomaterial ist Graphen; ein 2D-Material, das durch das Abscheiden von nur nanometergroßen Schichten von Graphit isoliert wird. In seiner atomaren Form ist es viel fester und leitfähiger als der Ausgangsstoff Graphit, den wir zum Beispiel aus herkömm­lichen Bleistiften kennen.

Am Fraunhofer IOF hat Falk Eilenberger, Leiter der Abteilung für Mikro- und Nanostrukturierte Optik, unter anderem die verwandte Materialklasse der Übergangsmetall-Dichalgogeniden, kurz TMDs, untersucht und charakterisiert. TMDs treten in ihrer dreidimensionalen Form nur als indirekte Halbleiter auf, was die Anwendungsmöglichkeiten eingrenzte. Als 2D-Material jedoch verwandelt sich der Stoff in einen direkten Halbleiter, der Strom effizient in Licht umwandeln kann und umgekehrt.

Skalierbare Herstellung ­eröffnet neue Anwendungspotenziale

Bisher wurden 2D-Materialien durch das Abblättern von dreidimensionalen Kristallen gewonnen. Ähnlich wie beim Abziehen eines Fingerabdrucks mit Klebeband, werden dabei einzelne Schichten der Kristalle Stück für Stück abgetragen. Ein aufwendiger und für die Industrie ungeeigneter Prozess, der die Anwendungsmöglichkeiten der Materialien bisher beschränkte.

Die Forschenden aus Jena haben sich auf ein Verfahren konzentriert, dass die industrie­kompatible Herstellung von maßgeschneiderten 2D-Materialien ermöglicht. Dazu nutzen sie die sogenannte Gasphasenabscheidung, bei welcher der Kristall auf einer Silizium- oder Glasplatte wie ein Teppich aufwächst – ein nanometerdünner Teppich. Wie Dr. Eilenberger erläutert, ist es durch das neue Verfahren möglich, die 2D-Materialien nicht nur effi­zient herzustellen, sondern diese ebenfalls skalierbar als funktionelle Bestandteile auf optischen Komponenten aufwachsen zu lassen. So ließen sich unter anderen TMD-Materialien in optische Fasern integrieren, was eine Reihe von neuen Anwendungsmöglichkeiten eröffne.

Wahrscheinlich kleinste LED

Durch das Einbringen von TMD können optische Fasern und photonische Chips so funktionalisiert werden, dass sie Licht nicht nur passiv weiterleiten, sondern erzeugen, verändern oder detektieren: eine ideale Plattform, um zum Beispiel bestimmte Aufgaben klassischer Computerchips zukünftig energiesparend photonisch umzusetzen. Dem Forscherteam gelang es darüber hinaus, das 2D-Material als Diode zu funktionalisieren und somit die wahrscheinlich kleinste LED der Welt zu entwickeln.

Die Integration der Nanomaterialien ermöglicht erstmals die Herstellung von elektronischen, photonischen und optoelektronischen Bauelementen, die gleichzeitig extrem klein und leistungsfähig sind. Die effiziente Umwandlung von Strom und Licht macht die 2D-Materialien darüber hinaus für Anwendungen in der Datenübertragung, Kameratechnologie oder in Beleuchtungssystemen interessant. Zudem lassen sie sich nahtlos mit bestehenden Halbleitern verbinden und eröffnen dadurch neue Wege in der Halbleitertechnologie.

Das entstehende Licht kann auch ganz ungewöhnliche Quanteneigenschaften aufweisen. Es eignet sich damit nicht nur für den klassischen Datentransport, sondern auch zur Quantenverschlüsselung. TMD-beladene optische Bauelemente können damit zukünftig auch einen Beitrag in der Quantensicherung von Datenkommunikationsnetzen leisten.

Einzigartige Kombination

Dr. Eilenberger betont die besondere Forschungsumgebung in Thüringen als Schlüssel zum Erfolg des Projekts mit Blick auf die Auszeichnung: Wir haben hier vor Ort eine ganz einzigartige Situation, die maßgeblich zum Erfolg unseres Vorhabens geführt hat. In Thüringen und speziell in Jena treffe Photonik-Know-how auf exzellente wissenschaftliche Ausstattung– personell und technisch – und auch auf risikobereite Unternehmen, die vor innovativen Projekten nicht zurückschreckten, womit er die Zusammenarbeit mit den Kollegen Prof. Dr. Andrey Turchanin, Dr. Antony George und Dr. Christof Neumann von der Universität Jena ausdrücklich würdigt.

Mit dem Thüringer Forschungspreis ehrt der Freistaat seit 1995 einmal im Jahr wissen­schaftliche Spitzenleistungen der ­Thüringer Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Die exzellentesten Forschungsleistungen von ­Einzelpersonen oder Forschungsgruppen in den ­Kategorien der Grundlagen- und der angewandten Forschung werden mit einem Preisgeld von insgesamt 25 000 Euro sowie dem Forschungspreis-Award prämiert.

Über das Fraunhofer IOF

Das Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF in Jena betreibt anwendungsorientierte Forschung auf dem Gebiet der Photonik und entwickelt innovative optische Systeme zur Kontrolle von Licht – von der Erzeugung und Manipulation bis hin zu dessen Anwendung. Das Leistungsangebot des Instituts umfasst die gesamte photonische Prozesskette vom opto-mechanischen und opto-elektronischen Systemdesign bis zur Herstellung von kundenspezifischen Lösungen und Prototypen. Am Fraunhofer IOF erarbeiten rund 500 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen das jährliche Forschungsvolumen von 40 Millionen Euro.

Kontakt

Dr. Falk Eilenberger Fraunhofer IOF,

E-Mail: falk.eilenberger@iof.fraunhofer.de

Text zum Titelbild: Der entwickelte Prozess ermöglicht eine industriekompatible und skalierbare Herstellung von maßgeschneiderten 2D-Materialien (Bild: Nicole Nerger/Universität Jena)

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