Schwingungserfassung über weite Distanzen und unter schwierigen Bedingungen

Werkstoffe 08. 05. 2024

Von Frank Schmälzle1), Martin Beck1), und Ellen-Christine Reiff2)

Es gibt sehr unterschiedliche Szenarien, in denen Schwingungen und Vibrationen erfasst und überwacht werden müssen, um Schäden frühzeitig zu erkennen, eine zuverlässige Funktion sicherzustellen oder Fehlerursachen zu finden. Brücken- und Bahnanwendungen gehören ebenso dazu, wie Condition Monitoring in Industrie oder im Tagebau. Ein weiteres Gebiet ist die Energieversorgung. Hier gilt es beispielsweise lose Verbindungen zu ermitteln und zu lokalisieren, um Probleme mit der elektrischen Kontaktierung zu verhindern. Ein neues, für den Außeneinsatz ausgelegtes Laser-Doppler-Vibrometer ermöglicht jetzt die berührungslose Schwingungsmessung aus bis zu 300 Meter Entfernung, selbst bei unkooperativen Oberflächen und eher ungünstigen Umgebungsbedingungen.

 

Die Laser-Doppler-Vibrometrie ist ein sehr robustes, berührungsloses Messverfahren, das sich für ganz unterschiedliche ­Struktur- und Schwingungsmessungen bewährt hat. Es bietet vor allem dann Vorteile, wenn Sensorik sich nur sehr aufwendig anbringen und verkabeln lässt oder der Zugang zu den Messstellen gefährlich oder gar nicht möglich wäre. Manchmal sind die Einsatzbedingungen aber selbst für die Laservibrometer schwierig.

Bessere Signalqualität

Die Signalqualität einer Laservibrometermessung ist immer von der Intensität des zurückgestreuten Lichts abhängig. Die Oberfläche des Messobjekts bestimmt die räumliche Verteilung des reflektierten Lichts und damit die Güte der Informationen, die der Photodetektor an seiner Position im Raum erhält. Sie bestimmt demzufolge auch, auf welchen Oberflächen gemessen werden kann und ist verantwortlich für das Signal-Rausch-Verhältnis und den möglichen Messabstand. Auf einer optisch glatten Oberfläche wird das reflektierte Laserlicht verlustfrei zum Photodetektor im Sensor zurückgeführt. Bei Brücken, Bauwerken, Gleis- und Industrieanlagen oder ähnlichem sind die Oberflächen meistens ­optisch rau oder auch verschmutzt. ­Diese technischen Oberflächen streuen das Laser­licht diffus, sodass durch das ­entstehende Speckle-Muster auf der Oberfläche die Licht­intensität zeitweise völlig einbrechen kann. Diese Effekte können bei optischen Messungen zu breitbandigem Rauschen und unerwünschten Signalaussetzern führen.

Um die Messqualität und den Messabstand bei Strukturprüfungen im Outdoorbereich zu erhöhen, hat Polytec aufgrund langjähriger und intensiver Erfahrungen mit Schwingungsmesstechnik im Feld das VibroFlex Range entwickelt (Abb. 1). Seine ­patentierte QTec®-Technologie nutzt jedes Photon und sorgt damit für höchste Signalqualität insbesondere bei Messungen aus großer Entfernung und auf ungünstigen Oberflächen. Damit lassen sich auch bei eher schlecht reflektierenden Oberflächen gute Messdaten mit einem 20 dB besseren Rauschverhältnis als bei konventioneller Technik erreichen.

Abb. 1: Bei diesem neuen Laservibrometer verbessert die patentierte QTec®-Technologie das Signal-Rausch-Verhältnis bei Schwingungsmessungen signifikant (Bild: Polytec)

 

Außerdem müssen kritische Objektoberflächen nicht zwangsläufig vorbehandelt werden. Dadurch verkürzt sich die Vorbereitungszeit für Messungen; gleichzeitig ist die höhere optische Empfindlichkeit der Schlüssel zu mehr Datenqualität und ­schnelleren Messergebnissen, weil Mittelungen nicht mehr notwendig sind. Davon profitieren Anwender sowohl bei Struktur- und Zustandsüberwachungen als auch bei der Validierung von ­Simulationsmodellen.

Zuverlässige Präzisionsmess­technik im Feld

Für die Umgebungsbedingungen im Feldeinsatz ist das VibroFlex Range bestens gerüstet. Der robuste Messkopf ist gegen Staub und Sprühwasser geschützt (IP63) und schnell auf dem soliden Stativ montiert (Abb. 2). Zunächst wird der Messpunkt grob mit dem Getriebeneiger über das Zielfernrohr anvisiert. Anschließend lässt sich der Laserstrahl mit Hilfe des Feinverstellers über das Kamerabild der integrierten koaxialen Full HD Kamera mit Zielkreuz punktgenau ausrichten. Das funktioniert selbst unter schwierigen Bedingungen bei filigranen Objekten in großer Entfernung, denn auf dem scharfen Videobild ist das Zielkreuz gut zu sehen (Abb. 3), selbst wenn der Lasermesspunkt beispielsweise bei starker Sonneneinstrahlung nicht sichtbar ist.

Abb. 2: Für den Außeneinsatz konzipiert und in wenigen Minuten einsatzbereit (Bild: DB Netz AG)

Abb. 3: Der Laserstrahl lässt sich selbst bei schwierigen Bedingungen punktgenau ausrichten (Bild: DB Netz AG)

 

Da sich mit dem Laservibrometer Schwinggeschwindigkeit, Schwingweg und Beschleunigung mikrometergenau aus der Ferne erfassen lassen, ist das Einsatzgebiet breit gefächert. Anwendungsbereiche finden sich immer dort, wo das Einrichten von Messtellen einen hohen Aufwand erfordert oder der Zugang zum Messpunkt schwierig oder sogar gefährlich ist (Abb. 4). Überall, wo keine feste Sensorik montiert werden kann, lassen sich damit technische Komponenten periodisch und berührungslos aus der Distanz überprüfen, zum Beispiel im Rahmen eines zustands­orientierten Wartungsplans. Beispiele finden sich bei Pumpen und Rohrleitungen ebenso wie bei Hochspannungskomponenten oder heißen Oberflächen, zum Beispiel bei Öfen. Kabelgebundene Sensorik käme mit den hohen Temperaturen nicht zurecht. Durch die weite Messdistanz kann sich der Mensch zudem außerhalb des Gefahrenbereichs aufhalten. Bei Störungen, die durch Schwingungen oder Vibrationen entstehen, lassen sich die Ursachen aus der Ferne untersuchen, Fehler können schneller lokalisiert und behoben werden.

Abb. 4: Im Rahmen von strukturdynamischen Untersuchungen an Brücken werden Verschiebungen und Eigenfrequenzen zeit- und kosten­effizient erfasst (Bild: Polytec)

 

Bei der strukturdynamischen Überwachung von Brücken, Gebäuden oder Tragwerken können Laservibrometer Verschiebungen, Durchbiegungen und Eigenfrequenzen zur zerstörungsfreien Überprüfung schnell und kosteneffizient erfassen. Dazu müssen keine Dehnungsmesstreifen auf zuvor aufwendig behandelte Konstruktionsteile aufgebracht und anschließend noch verkabelt werden. Zudem muss niemand mehr unter strengen Sicherheitsauflagen klettern, um Sensoren beispielweise für Zugspannungsmessungen an den Tragseilen einer Bücke anzubringen. Prüfungen unter Last sind ebenfalls einfach möglich, zum Beispiel um zu überprüfen, wie sich die Konstruktion verhält, wenn schwere Fahrzeuge oder Züge auf Brücken abbremsen. Das berührungslose Verfahren eignet sich aber auch für ganz andere Bereiche, zum Beispiel für denkmalgeschützte Objekte, deren Oberflächen nicht manipuliert werden dürfen.

 

Über Polytec

Als Lasertechnologie-Pionier bietet Polytec bereits seit 1967 optische Messtechniklösungen für Forschung und Industrie. Nach den Anfangsjahren als Distributor machte sich das Unternehmen mit Sitz in Waldbronn bei Karlsruhe schon in den 1970er-Jahren einen Namen als Entwickler eigener laserbasierter Messgeräte – und ist heute einer der Weltmarktführer im Bereich der berührungslosen Schwingungsmesstechnik mit Laservibrometern. Systeme für die Längen- und Geschwindigkeitsmessung, Oberflächencharakterisierung, Analytik sowie die Prozessautomation gehören ebenfalls zur breiten Palette an Eigenentwicklungen des Unternehmens. Eine weitere Kernkompetenz von Polytec ist die Distribution von Bildverarbeitungskomponenten und optischen Systemen.

1) Frank Schmälzle, Produktmanager, Polytec GmbH; Martin Beck, Produktmanager, Polytec GmbH

2) Ellen-Christine Reiff, Redaktionsbüro Stutensee

Relevante Unternehmen

Video(s) zum Thema

Werbepartner

Links zu diesem Artikel

Aus- und Weiterbildung

Top