Beschichtetes Aluminium nach aktuellen Qualitätsregeln – global und nachhaltig

Verbände 07. 04. 2024
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Blick in die Zukunft: Interview mit Qualicoat-Präsident Ivo Vermeeren

In Deutschland vergibt der Verband für die Oberflächenveredelung von Aluminium e. V. (VOA) das internationale Qualitätszeichen der Association for Quality Control in the Lacquering, Painting and Coating Industry (Qualicoat), einem Verband nach Schweizer Recht. Dessen Mitglieder (Generallizenznehmer genannt) sind nationale oder internationale Verbände, die einen Rahmenlizenzvertrag mit Qualicoat abgeschlossen haben. Generallizenznehmer in zahlreichen Ländern der Erde haben das Recht, das Qualitätszeichen der Organisation an Beschichter, Pulver- und Chemiehersteller zu erteilen.

Durch verbindliche, stets evaluierte Qualitätsregeln (Fachterminus Spezifikationen), verabschiedet von global aufgestellten und mit Beschichtungsprofis besetzten Gremien und gepaart mit einem verbindlichen Prüfungsregime, gelingt es mit dem Qualitätszeichen, die Qualität der oberflächenveredelten Produkte auf einem hohen Niveau stetig weiterzuentwickeln. Der Generallizenzgeber Qualicoat legt damit gemeinsam mit den Generallizenznehmern in den einzelnen Ländern den Grundstein dafür, dass sich Lizenzinhaber auf dem globalen Markt in den verzweigten Lieferketten behaupten können. Besonderes Augenmerk wird auf die Nachhaltigkeit des beschichteten Produkts gelegt und mit der Einführung von Qualicoat 3.0 werden weitere Horizonte für Architekturprojekte mit der Verwendung von Aluminium aus Recyclingmaterial unter Einbeziehung der Aluminiumhersteller eröffnet.

Auf Verbandsebene wählte der VOA als Generallizenznehmer für Deutschland mit den Vertretern aus anderen Ländern Ende des Jahres 2023 satzungsgemäß im Executive Committee den Präsidenten der Qualicoat mit. Der VOA beglückwünschte Ivo Vermeeren vom belgischen Verband Qualubel zu seiner Wiederwahl und bot ihm im Rahmen eines Interviews die Möglichkeit, sich zu seiner Arbeit zu äußern.

VOA: Herr Vermeeren, unterschiedliche Länder, verschiedene Gesetze, globale Lieferketten: Von England über Europa bis hin zu den Vereinigten Arabischen Emiraten und darüber hinaus – es gibt weltweit immerhin 18 Generallizenznehmerverbände mit über 550 Lizenznehmern. Mit welchen Leitgedanken gelingt es Qualicoat, die Mitgliedsverbände unter dem Qualitätszeichen zu vereinen?

Ivo Vermeeren: Im gesamten Qualicoat-Verband teilen wir eine gemeinsame Leidenschaft für unsere Branche: Wir wissen, dass die Pulverbeschichtung Aluminium sexy und attraktiv für alle architektonischen Anwen­dungen macht. Uns ist aber auch bewusst, dass wir, obwohl wir nur eine Schicht von wenigen Mikrometern auf die Aluminiumoberfläche auftragen, eine enorme Verantwortung für die Endqualität eines jeden von uns beschichteten Gebäudes tragen. Qualitativ hochwertige Pulverbeschichtungen sichern somit in gewisser Weise die Zukunft von Aluminium als führendes Material in der Bauindustrie. Aufgrund dieser Leidenschaft und dieses Verantwortungsbewusstseins konzentriert sich unser gesamter Verband auf die Erstellung und ständige Aktualisierung von Spezifikationen und Prozessen; und zwar mit dem einzigen Ziel, weiterhin qualitativ hochwertige Pulverbeschichtungen auf Aluminium für architektonische Anwendungen zu liefern. Dies gilt für die lizenzierten Beschichter und ebenso für die von Qualicoat zugelassenen Chemikalienlieferanten und Pulverhersteller.

VOA: Inwiefern profitieren die Lizenz- und Zulassungsnehmer in den einzelnen Ländern vom Besitz des internationalen Qualitäts­zeichens?

Ivo Vermeeren: Das internationalen Qualitätszeichen verfügt auf dem Architekturmarkt über einen sehr hohen Bekanntheitsgrad, was bedeutet, dass Architekten und andere Player in der Bauindustrie fast automatisch darauf verweisen, wenn sie ein neues Projekt entwerfen, und das weltweit. Damit kann Qualicoat-Qualität in den Verträgen vereinbart werden und vereinfacht die sonst schwierige Vertragsgestaltung im Hinblick auf die Beschreibung von Qualitätsmerkmalen der Oberflächenveredelung.

Ich möchte auch darauf hinweisen, dass die festgeschriebenen Eigenkontrollen und unangekündigten Inspektionen zwingender Teil des Prüfregimes sind. In der Folge beachtet jedes Unternehmen mit einer Qualicoat-­Lizenz das umfassende Prüfregime verbind­lich. Die Folge daraus ist, dass ein hohes Verantwortungsbewusstsein mit dem Fokus auf Qualität und Prozesskontrolle auf allen hierarchischen Ebenen der Unternehmen mit Beschichtungsanlagen besteht. Das wiederum bedeutet im Unternehmen gelebte Qualität eines jeden Mitarbeiters.

VOA: Unabhängige Prüfinstitute testen Qualicoat-Lizenznehmer unangemeldet zwei Mal pro Jahr. Warum ist es dem Generallizenzgeber wichtig, dass die Generallizenznehmer externe akkreditierte Prüfinstitute beauftragen, deren Prüfer unangekündigt in die Unternehmen kommen? Wo liegen die Vorteile dieser Vorgehensweise?

Ivo Vermeeren: Vergessen wir nicht, dass theoretisch jeder Auftrag, der eine Lackieranlage verlässt, das Risiko von Qualitätsproblemen birgt, die im schlimmsten Fall sogar schwerwiegende Folgen für den Pulverbeschichter und den Ruf von Aluminium als Material der Wahl für Architekturanwendungen haben könnten. Qualicoat stellt daher in den Spezifikationen, die weltweit einheitlich einzuhalten sind, besonders hohe Anforderungen, die letztlich allen Beteiligten zugutekommen.

Die Unparteilichkeit der Prüfinstitute ist uns bei unserem Streben nach bester Qualität nahezu das höchstmögliche Credo. Den Prüfbeauftragungen der Generallizenznehmer mit externen, akkreditierten Prüfinstituten und den dann durchgeführten unangekündigten Inspektionen zwei Mal pro Jahr kommt allergrößte Bedeutung zu. Nur durch die unerwarteten Prüfungen in den Unternehmen stellen wir sicher, dass hier zu ­jeder Zeit optimale Qualität produziert wird, statt sich lediglich gut auf ­beispielsweise nur eine angekündigte Prüfung vorzubereiten. Es gilt, beste Qualität in Serie zu jeder Zeit und überall auf der Welt zu produzieren. Dies ist uns wie gesagt sehr wichtig, woraus sich durchaus ein erkennbarer Unterschied zu dem einen oder anderen Qualitätsverband ergibt. Qualicoat-Qualität lebt im Unternehmen, mit seinen Führungsebenen und den Mitarbeitern, um die Kundenwünsche zu erfüllen.

VOA: Wie beurteilen Sie die Notwendigkeit der zahlreichen, in den Spezifikationen vorgeschriebenen Eigenprüfungen in den Unternehmen?

Ivo Vermeeren: Diese sind entscheidend, um kontinuierlich am Ball zu bleiben. Jeder Auftrag, jeder Produktionslauf, ob groß oder klein, hat die Qualicoat-Spezifikationen zu erfüllen. In diesem Sinne kommt den Selbst­inspektionen in der gesamten Produktionskette entscheidende Bedeutung zu, um die Endqualität jedes pulverbeschichteten Teils zu gewährleisten. Die oberste Priorität eines jeden Lizenznehmers ist es, nichts anderes als beste Qualität unter Beachtung der Spezifikationen zu liefern. Deshalb werden die ­Eigenprüfungen kontinuierlich durchgeführt.

VOA: Herr Vermeeren, das Executive Committee von Qualicoat entschied vor kurzem, Ihre Amtszeit zu verlängern. Welche Ziele verfolgen Sie in den kommenden zwei Jahren gemeinsam mit den Mitgliedsverbänden?

Ivo Vermeeren: Wir setzen die Reise fort, die wir vor zwei Jahren begonnen haben. Der Schwerpunkt liegt weiterhin darauf, unsere Spezifikationen auf dem neuesten Stand weiterzuentwickeln und die aktuellen Fortschritte auf dem Markt zu verfolgen, die sich auf die Qualität von pulverbeschichtetem Aluminium auswirken könnten.

Wir möchten unsere Spezifikationen benutzerfreundlicher gestalten, aufgeteilt in verschiedene Bände, die auf die jeweilige Benutzergruppe – Beschichter, Chemie- und Pulverlieferanten – zugeschnitten sind. Wir verstärken auch unsere Bemühungen, unseren internationalen Bekanntheitsgrad zu erhöhen. Darüber hinaus setzen wir ­unsere geografische Expansion fort und etablieren weitere Generallizenznehmer weltweit. Parallel dazu entwickeln wir eine neue Software­plattform, die unseren Mitarbeitern, Generallizenznehmern und Inspektoren das Leben erleichtern und mehr analytische Auswertungen als heute ermöglichen wird.

VOA: Gibt es Wünsche, deren Erfüllung Sie an die deutschen Unternehmen zur Steigerung der Qualität im Beschichtungsbereich richten?

Ivo Vermeeren: Die Erfahrung zeigt, dass unsere Spezifikationen eine felsenfeste Grundlage für qualitativ hochwertiges pulverbeschichtetes Aluminium bilden. Daher sollte die strikte Einhaltung dieser Spezifikationen mit dem höchsten Prüfregime und das ständige Streben nach Spitzenqualität oberste Priorität für alle unsere Mitglieder sein.

Darüber hinaus wünsche ich mir, dass die Förderung des Qualitätszeichens Qualicoat den Sinn für Qualität auf dem Markt stärkt und die Position von Aluminium als das Metall der Wahl für architektonische Anwendungen festigt.

Ich möchte auch alle unsere Mitglieder ermutigen, die vielen Kommunikationskanäle zu nutzen, die in unserem Verband zur Verfügung stehen, nicht nur, um aktiv an der Aktualisierung unserer Spezifikationen mitzuwirken, sondern auch, um spezifische Themen zu teilen, die für uns alle von Interesse sein könnten.

VOA: Qualicoat orientiert sich stets an neuesten Erkenntnissen aus Wissenschaft und Forschung weltweit und führt regelmäßig in den verschiedenen Working Groups selbst aufwändige Tests durch. Welche Neuerungen plant Qualicoat für die kommenden Jahre?

Ivo Vermeeren: Unsere Spezifikationen basieren seit jeher auf sehr soliden, wissenschaftlichen Studien und Tests. Dies bleibt auch in Zukunft so. Im Moment befassen wir uns mit einer ganzen Reihe von Themen, auf die ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht näher eingehen kann, aber ich kann Ihnen sagen, dass die zunehmende Verwendung von recyceltem Aluminium und ihre Auswirkung auf die Verwendung von Pulverbeschichtungen weiterhin unsere volle Aufmerksamkeit besitzen. Es wird mir ein Vergnügen sein, Ihnen in, sagen wir mal, zwei Jahren darüber zu berichten.

VOA: Herr Vermeeren, vielen Dank für das Gespräch.

Text zum Titelbild: Qualicoat-Präsident Ivo Vermeeren und VOA-Geschäftsführerin Alexa A. Becker

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