REACh und die funktionale Hartverchromung

Oberflächen 09. 12. 2021

Neue Technikumsanlage am Fraunhofer IPA

Von Klaus Schmid und Peter Schwanzer, Fraunhofer IPA, Stuttgart

Die Übertragung funktionaler (Hart-)Chrombeschichtungen auf Basis dreiwertiger Elektrolytsysteme in den industriellen Maßstab steckt noch in den Anfängen und erfordert langwierige und aufwendige Entwicklungsarbeiten. Komplexe Anforderungen an Vorbehandlung, Elektrolytführung und die genauen Prozessparameter erschweren die Entwicklungsarbeiten dabei erheblich. Mit einer neuen Technikumsanlage stellt sich das Fraunhofer IPA dieser Herausforderung.

Bei jeder Verfahrens- oder Prozessentwicklung stellt die Übertragung der Ergebnisse vom Labormaßstab mit typischerweise individueller Beschichtung von einfachen und einzelnen Proben hin zur industriellen Beschichtungspraxis von größeren ­Bauteilen mit teilweise komplexen Geometrien und ­höheren Stückzahlen eine große Herausforderung dar. Dies gilt gleichermaßen für die Entwicklung von Prozessen für neue funktionale Anforderungen als auch für substitu­tionsgetriebene Entwicklungen aufgrund der REACh-Verordnung. Um solchen Entwicklungsanforderungen nachzukommen, wurde am Fraunhofer IPA eine neue Technikumsanlage in Betrieb genommen. Bei der Planung der Anlage konnten dabei die erarbeiteten Erfahrungen mit den auf dem Markt vorhandenen dreiwertigen Hartchromprozessen einbezogen werden, um eine gute Ausgangsbasis für Entwicklungsarbeiten mit diesen Elektrolytsystemen zu schaffen.

Anlagenaufbau und Ausrüstung

Das Warenfenster von 450 mm Breite, 350 mm Höhe und einer Länge in Fahrtrichtung von 200 mm ermöglicht die Beschichtung von Bauteilen bis zu einem Gewicht von 25 Kilogramm. Dabei kann die gesamte, für die funktionale dreiwertige Verchromung relevante galvanische Prozessfolge abgedeckt werden. In einem Volumen von 80 Liter bis 120 Liter steht eine Vorbehandlung aus unterschiedlichen Entfettungen, Beiz- und Dekapierverfahren sowie einer Station zur Beschichtung mittels Nickel-Strike-Verfahren zur Verfügung. Die im Vergleich zu den Anforderungen für die Verchromung aus sechswertigen Elektrolyten deutlich aufwendigere Vorbehandlung erlaubt die Beschichtung unterschiedlichster Grundmaterialien. Für die eigentlichen Beschichtungen ist sowohl eine flexibel nutzbare Abscheide­position für beispielsweise eine korrosionsfeste Unternickelung vorhanden, als auch eine 400-Liter-Station für die Verchromung aus dreiwertigen Prozessen. Hierbei steht eine maximale Gleichrichterleistung von 1000 Ampere zur Verfügung. Zur Anpassung an ­verschiedenste Elektrolytbelastungen erlaubt die Elektrolyttemperierung ein Heizen und Kühlen. Die installierte hohe Pumpleistung kann zur Optimierung der Elektrolyt­bewegung genutzt werden, erlaubt aber bei Bedarf auch die Integration eines Ionenaustauschers zur Fremdmetallentfernung. Eine optionale Lufteinblasung und eine anpassbare Anodentechnik runden die Ausrüstung ab. Im kommenden Jahr wird eine letzte Erweiterungsoption für einen weiteren dreiwertigen Hartchromprozess mit einer kunden­spezifisch ausgerüsteten Wanne belegt.

Einbindung in ein leistungsfähiges Umfeld

Zur relevanten Entwicklungsplattform für dreiwertige Hartchromprozesse wird die Technikumsanlage durch ihre Einbindung in ein leistungsfähiges Umfeld. Es steht nicht nur eine gut ausgerüstete Metallographie zur Untersuchung von Beschichtungen zur Verfügung, sondern auch ein Analytiklabor mit verschiedenen Chromatographen zur genauen Elektrolytüberwachung. Sowohl für aktuell laufende als auch anstehende Projekte können somit anspruchsvolle Entwicklungsaufgaben wahrgenommen werden, die deutlich über den typischen Labormaßstab hinausgehen und einen wichtigen Zwischenschritt bei der Skalierung auf einen regulären Produktionsmaßstab darstellen.

Text zum Titelbild: Die Technikumsanlage am Fraunhofer IPA stellt einen wichtigen Schritt zur Entwicklung funktionaler (Hart-)Chrombeschichtungen in der Industrie dar (Bild: Fraunhofer IPA/Foto: Rainer Bez)

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