Regulatorischer Status von Boraten

Werkstoffe 07. 08. 2021
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Der rechtliche Status von Borsäure im Kontext der Europäischen Chemikalienverordnung REACh war in der jüngsten Vergangenheit in verschiedenen Publikationen missverständlich beschrieben worden. Oberflächenchemie Dr. Klupsch, Mitglied im Zentralverband Oberflächentechnik e. V. (ZVO), hat bei der European Borates Association (EBA), um eine Darstellung gebeten. Wichtigste Erkenntnis: Es gibt keinen berechtigten Grund für die Behauptung, dass die Verwendung von Boraten in der EU in Zukunft verboten wird.

Die harmonisierte Einstufung der wichtig­sten Boratverbindungen als reproduktionstoxisch der Kategorie 1B (H360FD) gemäß CLP-Verordnung (EG) 1272/2008 war der Anfang einer Reihe von Entwicklungen innerhalb von CLP und der REACh-Verordnung (EG) 1907/2006, die sich nun auf diese Stoffgruppe und ihre Wertschöpfungskette auswirken. In den vergangenen Jahren wurden diese Substanzen als besonders besorgniserregende Stoffe (SVHC) identifiziert. Die ECHA sprach eine Empfehlung aus, sie in den REACh-Anhang XIV (Liste der zulassungspflichtigen Stoffe) aufzunehmen.

Im Januar 2021 hat die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) das Ergebnis der Risikomanagement-Optionsanalyse (RMOA) zur Verwendung von Boraten in Verbraucherprodukten vorgelegt. Die Analyse bestätigt, dass kein Risiko für Verbraucher besteht und keine weiteren Regulierungen beziehungsweise Risikominderungsmaßnahmen für diese Stoffgruppe in Verbraucherprodukten erforderlich sind.

Im Mai 2021 veröffentlichte die ­Europäische Kommission die aktuelle Änderung der CLP-Verordnung, welche die spezifischen Konzentrationsgrenzen (SCL) der Borate aufgehoben hat und die allgemeine Konzentrationsgrenze (GCL – Generic Concentration Limit) von 0,3 % (w/w) für reproduktionstoxische Stoffe (Kat. 1B) einführt. Die Verordnung trat am 17. Juni 2021 in Kraft und die Maßnahmen gelten ab dem 17. Dezember 2022 verbindlich. Nach diesem Datum müssen alle Gemische, die Borsäure, Dibortrioxid und Dinatriumtetraborat (in einer Menge von 0,3 % w/w oder mehr) enthalten, als reproduktionstoxisch, Kat. 1B eingestuft und gekennzeichnet werden. Somit gilt ein Verbot für die Verwendung durch den Verbraucher ab diesem Konzentrationsgrenzwert in Gemischen. Für Dinatriumoctaborat war dies bereits ab 2016 der Fall. Mit der Einführung des GCL würde die Aufnahme der Borate in den REACh-Anhang XIV zu einer noch größeren Anzahl von zulassungspflichtigen Anwendungen führen, was sowohl für die Industrie als auch für die Behörden in der Umsetzung unverhältnis­mäßig komplex und arbeitsintensiv wäre.

Die EBA strebt eine praktische, wissenschaftlich begründete und verhältnismäßige Regulierung für die Stoffe an. Ihre Maßnahmen basieren auf der Tatsache, dass borathaltige Substanzen unter normalen und vorhersehbaren Verwendungsbedingungen sicher sind. Die Expositionsszenarien für Borate in den jeweiligen REACh-Registrierungsdossiers zeigen, dass Arbeitnehmer bereits durch geeignete Risikomanagementmaßnahmen geschützt sind. Darüber hinaus ist ein großer Datensatz an human-epidemiologischen Studien verfügbar, an denen Arbeiter in Bergwerken zur Gewinnung von Bormineralien untersucht wurden (jene Bevölkerungsgruppe, von der begründet erwartet werden kann, dass sie höheren Konzentrationen an Borverbindungen exponiert ist). Diese Studien zeigen keine gesundheitlichen Auswirkungen auf den Menschen. Darüber hinaus sind aus REACh resultierende Beschränkungen gültig, um den Verbraucherschutz zu gewährleisten. Die EBA hat die gesamte Wertschöpfungskette für Borate in gemeinsamen Aktionen mobilisiert, um die sichere und nachhaltige Verwendung von Boraten zu legitimieren und gleichzeitig zu zeigen, dass es regulatorische Möglichkeiten gibt, die potenzielle Bedenken ausräumen und eine sichere Verwendung unterstreichen.

In diesem Zusammenhang hat die EBA kürzlich eine umfassende Risikomanagement-Optionsanalyse (RMOA) abgeschlossen und vorgelegt. Diese kommt zum Schluss, dass eine REACh-Beschränkung auf der Grundlage des abgeleiteten No-Effect Levels (DNEL) die geeignetste und angemessenste Regulierungsoption wäre, um mögliche Risiken im Umgang mit Boraten zu kontrollieren. Die Ergebnisse der Analyse wurden innerhalb der Lieferkette kommuniziert; die Akteure der Lieferkette unterstützen die Resultate und Empfehlungen der Studie gesamtheitlich. Die wichtigsten Resultate wurden im März 2021 auch der Europäischen Kommission vorgestellt, die die Initiative begrüßte und die EBA ermutigte, auf die Mitgliedsstaaten zuzugehen, um die Ergebnisse der RMOA zu diskutieren und die Erarbeitung der vorgeschlagenen Beschränkung auf Basis des DNEL zu unterstützen.

Die wichtigsten Erkenntnisse zusammengefasst sind:

  • Borate sind unter normalen und vorhersehbaren Verwendungsbedingungen für den Menschen und die Umwelt sicher
  • Der regulatorische Druck auf die Boratverbindungen hat bei den relevanten Anwendern zu einer Verunsicherung geführt, die falsche und missverständliche Botschaften in der Lieferkette zur Folge hatte
  • Es gibt keinen berechtigten Grund für die Behauptung, dass die Verwendung von Boraten in der EU in Zukunft verboten wird
  • Mögliche Risiken, die bei der Verwendung von borathaltigen Stoffen und Mischungen entstehen, können sicher kontrolliert werden
  • Die Verwendungen der Borate sind in vielen Anwendungen notwendig, da es keine brauchbaren und verlässlichen Alternativen gibt
  • Die Boratindustrie, geführt von der EBA, hat in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte gemacht, um eine angemessene Regulierung von Boraten zu gewährleisten. EBA wird sich auch weiterhin aktiv für die nachhaltige und sichere Verwendung dieser Stoffe einsetzen

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