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Stuttgarter Oberflächentechnik-Preis 2022 an drei Unternehmen überreicht

Die Preisträger mit Jury (Bild: Lars Kaletta)

Mit dem Stuttgarter Oberflächentechnik-Preis werden innovative Anwendungen und Technologien innerhalb aller Disziplinen der Oberflächentechnik ausgezeichnet: Am 21. Juni Preis DIE OBERFLÄCHE auf der Fachmesse SurfaceTechnology GERMANY verliehen worden. Einer der drei Preisträger, die Molecular Plasma Group, stellt durch Kevin Braun ihr sehr interessantes Verfahren in einem Vortrag auf dem Forum der SurfaceTechnology am Donnerstag (11:20) vor; der Vortrag kann direkt vor Ort oder online verfolgt werden.

Womöglich spielt die Oberflächentechnik eine entscheidende Rolle bei der Transformation hin zur Wasserstoffwirtschaft. Denn die Anoden herkömmlicher Elektrolyseure sind mit Iridium beschichtet, einem der seltensten Elemente des Planeten. Um den Iridiumgehalt künftig auf das absolute Minimum zu drücken, arbeiten Forscherinnen und Forscher derzeit an neuartigen galvanischen Abscheidungsverfahren. Tatsächlich ist die Oberflächentechnik oft maßgeblich am Innovationsgrad und Fortschritt zahlreicher Branchen beteiligt, ohne dass dies einer breiten Öffentlichkeit bekannt wird.

Der Stuttgarter Oberflächentechnik-Preis DIE OBERFLÄCHE hat deshalb das Ziel, diese allgegenwärtige und dennoch oft übersehene Querschnitts- und Schrittmachertechno- logie zu würdigen und neuartige Anwendungen aus diesem Bereich voranzutreiben, wie Dr. Martin Metzner betont. Er leitet die Abteilung Galvanotechnik am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA und hat den Preis 2012 ins Leben gerufen. Bis heute ist er Mitglied der interdisziplinären Jury, die die Auszeichnung alle zwei Jahre vergibt. Die Preisträger des Jahres 2022 sind die Dürr Systems AG, die Asis GmbH und die Molecular Plasma Group S.A.

Platz 1 Oversprayfreie Lackapplikation mit EcoPaintJet Pro

Mit der Erfindung der Spritzpistole vor mehr als 100 Jahren konnte die Effizienz beim Lackieren deutlich gesteigert werden. Ihr größter Nachteil ist jedoch der sogenannte Overspray, ein Lacknebel, der nicht auf das Lackierobjekt abgeschieden wird. Ein Jahrhundert lang haben sich Ingenieure und Techniker immer wieder daran versucht den Overspray zu beseitigen. Mit EcoPaintJet Pro ist das der DÜRR Systems AG aus Bietigheim-Bissingen nun gelungen. Das Unternehmen hat mit großem Durch- haltevermögen und gemeinsam mit Partnern aus der Lack- und Automobilbranche die Idee der komplett oversprayfreien Nasslackierung zur Umsetzung gebracht und damit möglicherweise eine disruptive Innovation geschaffen, lobt Juror Dr. Michael Hilt, Geschäftsführer der Forschungsgesellschaft für Pigmente und Lacke e.V..

Bisher ist die Lackiererei einer der größten Energieverbraucher in der Automobilfertigung. Der hohe Verbrauch geht dabei maßgeblich auf die Lacktrocknung und den Overspray zurück. Wenn aber gar kein Lacknebel mehr entsteht, führt das auf die gesamte Lackierlinie bezogen zu einer Energieeinsparung von rund 30 Prozent. Außerdem ist es mit EcoPaintJet Pro erstmals möglich, kundenindividuelle Produktgestaltung und automatisierte Fertigung effizient und umweltschonend miteinander zu verbinden.

 

Vermeidet Overspray: EcoPaintJet Pro von der DÜRR Systems AG (DÜRR Systems AG)

 

In Zeiten, in denen mehr denn je auf Energieverbrauch und CO2-Emission geachtet wird, bietet EcoPaintJet Pro deutlich mehr Potenzial als Kontrastfarben oder optische Elemente auf Automobilkarosserien – nämlich den Einstieg in eine abluftarme und damit energetisch optimierte Lackiererei. Das Verfahren EcoPaintJet Pro der DÜRR Systems AG ist damit der würdige Sieger der OBERFLÄCHE 2022, so Hilt in seiner Laudatio.

Platz 2 Automatisches Finish

Durch den Einschluss von Partikeln entstehen bei der Lackierung immer wieder sichtbare Defekte. Die betroffenen Stellen müssen bisher in einem energie- und arbeitsintensiven Prozess von Hand nachgebessert werden – je nach Geschick und Tagesform des Personals mit unterschiedlichen Ergebnissen. Doch nun hat die ASIS GmbH aus Landshut mit dem automatischen Finish eine präzise und wiederholgenaue Lösung für die Inspektion und Beseitigung von Defekten entwickelt. Industrieroboter bewerten dabei jede Fehlstelle individuell und bearbeiten sie exakt so wie es erforderlich ist.

Dieser vollautomatisierte Nachbearbeitungsprozess spart Zeit und Material und gewährleistet eine gleichbleibende Qualität. Das System hat durch seinen Einsatz bei einem Original Equipment Manufacturer seine industriereife unter Beweis gestellt und soll nun in weitere Branchen ausgerollt werden. Wir freuen uns, die ASIS GmbH für diese Entwicklung mit der OBERFLÄCHE 2022 in Silber auszeichnen zu können, wie Katja Feige vom Fraunhofer IPA in ihrer Laudatio betont. Katja Feige sitzt zwar selbst nicht in der Jury, vertrat bei der Preisverleihung aber Juror Dr. Martin Metzner.

 

Beseitigt Defekte: automatisches Finish der ASIS GmbH (Bild: ASIS GmbH)

 

Platz 3 Molecular Plasma

Die Molecular Plasma Group S.A. aus dem luxemburgischen Örtchen Fötz hat eine Technologie entwickelt, die eine Oberflächenfunktionalisierung durch die kovalente Bindung organischer Stoffe mittels eines kalten atmosphärischen Plasmas auf jeglichen Substraten ermöglicht. Die durch den einstufigen, trockenen und lösungsmittelfreien Prozess entstehende Nanobeschichtung verleiht der Oberfläche eine klar definierte und dauerhafte Funktion – angefangen bei der Haftungsverbesserung inerter Materialien, über bioaktive Oberflächen bis hin zu hydrophoben, hydrophilen oder auch Antihafteigenschaften.

Diese innovative Anwendung der Plasma-Oberflächentechnik erweitert die Möglichkeiten der Oberflächenfunktionalisierung deutlich, lobt Juror Dr. Martin Riester, Referent der Fachabteilung Oberflächentechnik beim Verband Maschinen- und Anlagenbau (VDMA). Diese Innovationskraft gepaart mit den über viele Zielbranchen breitgefächerten Anwendungsmöglichkeiten war für die Jury ausschlaggebend, das Unternehmen mit dem Preis DIE OBERFLÄCHE 2022 in Bronze auszuzeichnen.

 

Ermöglicht Oberflächenfunktionalisierungen: Nanobeschichtung der Molecular Plasma Group S.A. (Bild: Molecular Plasma Group S.A.)

 

Zwei weitere Unternehmen waren nominiert

Nominiert für den Stuttgarter Oberflächentechnik-Preis DIE OBERFLÄCHE waren außer- dem die BMF GmbH aus Chemnitz und die Dörken Coatings GmbH & Co. KG aus Herdecke. BMF hat einen automatischen Strahlprozess geschaffen, der reproduzierbare, homogene und vordefinierbare Oberflächen hervorbringt. Nacharbeit und Ausschuss werden dadurch vermieden. Dörken hat in Zusammenarbeit mit einem weiteren Unternehmen eine Automatikspritzpistole entwickelt, die in Verbindung mit einem Roboter Bauteile nahezu ohne Sprühnebel partiell beschichten kann. Kostspielige und zeitaufwendige Maskierungen sind dafür nicht mehr nötig. (Quelle: H. Weik, Fraunhofer IPA)

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