Neue Materialchemie für Hochleistungsbatterien
Wieder aufladbare kleine Lithium-Ionen-Batterien begegnen uns auf Schritt und Tritt: Im Handy, in Kameras, Radios und nahezu allen portablen elektrischen Geräten. Lithium ist einerseits ein sehr reaktives Material und damit gut geeignet für Batterien, da man eine hohe Spannung erzeugen kann. Andererseits liegt in dieser Eigenschaft aber auch die Gefahr: Die Batterien müssen vollkommen luftdicht abgedichtet sein, damit es nicht zu explosiven Zwischenfällen kommt.
Für kleine portable Anwendungen sind Lithium-Ionen-Batterien heute noch erste Wahl, so Prof. Dr. Peter Strasser, aber die Sicherheitsrisiken von Lithium-Ionen-Batterien bei großen Batteriespeichern, wie wir sie für eine Energiewende hin zu regenerativen Energien benötigen, machen ihre langfristige Verwendung zu einer enormen Herausforderung.
Schon seit längerem arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler deshalb an Alternativen, die auf den Metallen Magnesium oder Aluminium beruhen. Diese Metalle sind preiswerter und können sicherer an der Luft gelagert werden – diese größere Sicherheit bezahlt man allerdings mit einer geringeren Spannung. Dafür stellen diese Ionen nicht wie Lithium nur eine, sondern zwei beziehungsweise drei positive Ladungen zur Verfügung und erlauben daher eine viel dichtere Speicherung von elektrischer Ladung - was gerade für große kompakte Batteriespeicher sehr wichtig ist.
Das Problem: Die zwei- und dreiwertig geladenen Ionen ließen sich bisher sehr viel schlechter so in ein Wirtsmaterial (Elektrodenmaterial) einlagern, dass sie anschließend reversibel zwischen den Elektroden ausgetauscht werden können. Dr. Toshinari Koketsu ist es jetzt gelungen, diese Ionen reversibel in eine chemisch modifizierte Form des weißen Farbpigments Titanoxid einzulagern. Das Titanoxid wurde dabei zunächst von Kooperationspartnern an der Pariser Universität Sorbonne mit Fluorid-Ionen dotiert. Das bedeutet, dass Fluoridionen in der Gitterstruktur des Titanoxids einen Teil der Sauerstoffionen ersetzen, dabei einige der positiv geladenen Titan-Ionen ausstoßen und so eine Art Loch oder Fehlstelle in dem Gitter produzieren. Es zeigt sich, dass diese Fehlstellen, ideale Einlagerungsstellen für positiv geladene Magnesium- oder Aluminiumionen sind.
In mehreren Versuchsreihen konnten die Wissenschaftler jetzt erstmalig beweisen, dass die reversible Einlagerung der Aluminium- und Magnesiumionen über mehrere hundert Zyklen stabil funktioniert und dabei hohe Ladungskapazitäten zeigt. Damit konnte gezeigt werden, dass Fluorid-dotierte Oxidmaterialien mit speziellen Fehlstellen tatsächlich eine grundlegend neue Batteriechemie mit Magnesium- und Aluminium-Ionen ermöglichen, die von fundamentaler wie praktischer Bedeutung sein wird.
Eine Technik von übermorgen: Wir werden auch zukünftig noch verschiedene Batterietypen nutzen. Im Moment ist die Lithium-Ionen-Batterie die preiswerteste und beste Methode für viele Anwendungen. Parallel dazu arbeitet die Wissenschaft an sogenannten Lithium-Schwefel-Batterien, die auch von der Automobilindustrie mit Interesse verfolgt werden. Die Aluminium-/Magnesium-Ionen-Batterie ist eher eine Technik von übermorgen, für Anwendungen die zum Beispiel sehr auf Sicherheit fokussiert sind.
Veröffentlichung: Reversible magnesium and aluminium ions insertion in cation-deficient anatase TiO2, Toshinari Koketsu, Jiwei Ma, Benjamin J. Morgan, Monique Body, Christophe Legein, Walid Dachraoui, Mattia Giannini, Arnaud Demortière, Mathieu Salanne, François Dardoize, Henri Groult, Olaf J. Borkiewicz, Karena W. Chapman, Peter Strasser & Damien Dambournet; Nature Materials (2017), DOI: 10.1038/nmat4976.
Aktuelle Onlineartikel
-
14. 03. 2024 Forschen im Pop-Up-Labor: CAIS erhält € 170.000 für transdisziplinäres Forschungsprojekt
-
13. 03. 2024 Grüne Startups als treibende Kräfte für eine nachhaltige Wirtschaft
-
12. 03. 2024 Neue Chips passen sich an ihre Aufgabe an
-
12. 03. 2024 Spezial-Elektrolyseur für grünen Strom
-
11. 03. 2024 Innovative Schmiermittel revolutionieren die Kaltumformung von Metallen
-
08. 03. 2024 Wie Oberflächenrauheit die Haftung weicher Materialien beeinflusst