Integrierte Sensortechnologie: der nächste Schritt in der Additiven Fertigung

Werkstoffe 05. 11. 2023
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Im Zusammenhang mit Trends wie Industrie 4.0 und dem Internet of Things gewinnt die exakte Zustandserfassung von Maschinen und Bauteilen zunehmend an Bedeutung. Wie das Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT mitteilt, hat es eine Sensorinfrastruktur für intelligente Industrieanwendungen entwickelt und mithilfe von additiven Fertigungsverfahren realisiert.

Derzeit werden Sensoren in den meisten Anwendungen manuell auf die Oberflächen von Bauteilen angebracht. Neben Sensoren auf der Bauteiloberfläche lassen sich durch das neu entwickelte Verfahren auch Sensoren direkt in die Bauteile integrieren. Dadurch können wichtige Kenndaten über die Belastung innerhalb des Bauteils gesammelt werden.

Die manuelle Applikation von Sensoren ist oft nicht präzise genug, schließlich arbeiten die Sensoren im µm-Bereich, um Vibrationen, Beschleunigungen oder kleinste Verformungen zu registrieren. Nach Aussage von Samuel Moritz Fink, Gruppenleiter Dünnschichtverfahren am Fraunhofer ILT, ist das manuelle Aufbringen von Sensoren in vielen Fällen zu ungenau und nicht reproduzierbar. Zudem forderten die Anwender zunehmend automatisierbare Prozesse.

Aufgedruckte ­Sensoren für mehr Präzision

Der Kraftsensor, den Forschende des Fraunhofer ILT auf einen Pkw-Querlenker gedruckt haben, ist Fink zufolge inklusive Isolations- und Schutzschicht sowie Anschlüsse nicht einmal 200 µm dick. Damit lassen sich die wirkenden Kräfte im Einsatz zu jedem beliebigen Zeitpunkt bestimmen, so Fink. Diesen Prototyp haben die Fraunhofer-Forschenden für den Rennsport entwickelt. Der Sensor misst kontinuierlich die Kraftänderung etwa bei Kurvenfahrt und warnt vor Defekten, bevor sie entstehen.

Er registriert kleinste Risse, die auftreten, bevor sie zum Versagen des Bauteils führen, so der Gruppenleiter. Neben einem Kraftsensor lassen sich auch andere Sensoren aufbringen, etwa zum Erfassen von Temperatur, Vibrationen oder Schall, Druck oder Beschleunigung, Licht, Spannung, aber auch für die Bestimmung von unterschiedlichen Gasen und Flüssigkeiten. Spezielle Kunststoffe für die Isolations- und Schutzschichten ertragen Temperaturen von bis zu 300 °C.

Das Anwendungsspektrum dieses Verfahrens ist immens, vor allem, weil es geeignete Echtzeitdaten für Predictive Maintenance liefert: Damit lassen sich beispielsweise Batteriezellen einzeln überwachen, Wartungs­intervalle bei Offshore-Windkraftanlagen optimieren oder Prozesse im Maschinen- und Anlagenbau verbessern, so Fink weiter.

Mehrstufiges Verfahren zur ­Herstellung intelligenter Bauteile

Eine weitere bemerkenswerte ­Innovation des Fraunhofer ILT ist die nahtlose Einbindung von Sensoren während des additiven Herstellungsprozesses. Mithilfe von 3D-Strukturdruckverfahren wie dem Laser Powder Bed Fusion (LPBF)-Verfahren können gedruckte Sensoren direkt in die Bauteile integriert werden, während sie entstehen. Diese Technologie entwickelten die Forschenden des Fraunhofer ILT anhand eines additiv gefertigten Fräskopfs. Der Strukturdruckprozess mittels LPBF wird unterbrochen, um Dehnungsmessstreifen mithilfe eines digitalen Funktionsdruckverfahrens und laserbasierter thermischer Nachbehandlung zu integrieren. Anschließend wird der Strukturdruckprozess fortgesetzt, um das intelligente Bauteil fertigzustellen. Durch die Kombination von Struktur- und Funktionsdruck sowie laserbasierter Nachbehandlung lassen sich Bauteile mit integrierter Sensorik vollständig additiv herstellen. Dies ermöglicht nicht nur die präzise Platzierung von Sensoren für anspruchsvolle Zustandsanalysen, sondern auch den Schutz dieser Sensoren vor mechanischen Umwelteinflüssen.

Die Geometrie der Sensoren kann nach den Worten von Samuel Fink je nach Bauteil individuell angepasst werden, und zukünftig seien sogar weitere Funktionselemente wie integrierte Heizer denkbar. Diese Technologie eröffnet nach Einschätzung von Fink vielfältige Anwendungsmöglichkeiten, von der Fertigung in den Bereichen Werkzeug- und Maschinenbau bis hin zur Automobilindustrie und darüber hinaus in den Sektoren Energie, Luft- und Raumfahrttechnik.

Kontakt:

Samuel Moritz Fink, E-Mail: samuel.fink@ilt.fraunhofer.de

 

Der Pkw-Querlenker mit aufgedrucktem Kraft­sensor liefert zu jedem beliebigen Zeitpunkt die im Einsatz wirkenden Kräfte; er registriert kleinste Risse, die auftreten, bevor ein Defekt entsteht (© Fraunhofer ILT, Aachen)

 
       

In einem Messerkopf wurden während des Druckprozesses Dehnungsmessstreifen integriert. Der LPBF-Druckprozess wird unterbrochen und die ebenfalls gedruckten Dehnungsmessstreifen eingepasst (links). Der Druckprozess wird anschließend fortgesetzt, um das intelligente Bauteil fertigzustellen (rechts) (© Fraunhofer ILT, Aachen/Volker Lannert

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