Im In-Mould-Decoration-Verfahren (IMD) fertigt ein Schweizer Kunststoffverarbeiter unter anderem Bedienblenden für Premium-Geschirrspüler. Das bei jedem Schuss auf das Formteil aufgebrachte Lackpaket sorgt für ein hochwertiges Dekor und schützt das Kunststoffteil gleichzeitig vor Kratzern und chemischen Einflüssen. Beim Auffahren des Werkzeugs wird unweigerlich etwas Lack mitgezogen, der an den Trennkanten der Teile als Flakes sichtbar ist. Um diese Lackrückstände effizient zu entfernen, ersetzte das Unternehmen die manuelle Reinigung durch einen automatisierten Prozess mit der quattroClean-Schneestrahltechnologie. Die in die Fertigungszelle integrierte Reinigungslösung trennt die Lackflakes konturgenau ab, ohne die edlen Oberflächen zu beeinträchtigen.
Petroleumlampen, Rechauds, Aschenbecher und Pfannendeckel aus Metall waren die ersten Produkte, die von der 1874 gegründeten A. & J. Stöckli AG hergestellt wurden. In den letzten Jahrzehnten spezialisierte sich das im schweizerischen Netstal ansässige Familienunternehmen, das inzwischen von der fünften Generation geleitet wird, auf den Einsatz von Spritzguss- und Sonderverfahren für die Verarbeitung thermoplastischer Kunststoffe. In vier Geschäftsbereichen werden heute Haushaltsgeräte für das Kochen am Tisch, Gießkannen, Logistiklösungen wie Gebinde und Flaschenkästen, das mit einem Red Dot Design Award ausgezeichnete Abfalltrennsystem Müllex und kundenspezifische Form- und Sichtteile sowie Baugruppen gefertigt. Zu Letzteren zählen Designblenden und Bedienpanels für Premium-Haushaltsgeräte wie Geschirrspüler, die in der IMD-Technologie gefertigt werden. Dabei wird im Spritzgießprozess eine weiße, schwarze oder chromfarbene Beschichtung auf die 55 beziehungsweise 60 Zentimeter breiten Blenden aufgebracht, die ihnen nicht nur eine hochwertige Optik verleiht, sondern sie auch vor Kratzern und chemischen Einflüssen, beispielsweise durch Putzmittel und Lebensmittel, schützt.
Die automatisierte Reinigungslösung ist in die Fertigungszelle integriert und steuerungstechnisch in die Gesamtanlage eingebunden. Die Information, welche Blendenvariante zu reinigen ist, erhält das quattroClean-System über die Programmauswahl der Spritzgussmaschine (Bild: A. &. J. Stöckli)
Manuelle Reinigung ersetzen
Für die Herstellung der Bauteile wird eine mit UV-Lack beschichtete Endlosfolie durch das Werkzeug geführt. Beim Spritzgießen überträgt sich der Lack durch Druck und Temperatur auf das Kunststoffbauteil, wobei ein fester Verbund entsteht. Nach dem Auffahren des Werkzeugs entnimmt ein Knickarmroboter die beschichtete Blende, der Lack wird dabei automatisch von der Trägerfolie abgezogen. An den Kanten, an denen das Teil vom Lack getrennt wird, wird etwas Lack mitgezogen. Diese so genannten Flakes beeinträchtigen die Optik und müssen daher entfernt werden, wie Rolf Lehmann, Verkaufsleiter im Geschäftsbereich Kundenspezifische Formteile bei Stöckli, erklärt. Dies erfolgte bisher manuell mit feinen Messern durch zwei Mitarbeitende. Um zu verhindern, dass sich die elektrostatisch aufgeladenen Lackflakes wieder auf den Bauteilen absetzen, wurden sie zusätzlich mit ionisierter Luft abgeblasen. Durch die manuelle Reinigung kam es jedoch immer wieder zu Beschädigungen der Lackschicht und damit zu Ausschuss. Außerdem erhielten wir vom Kunden die Rückmeldung, dass Teile noch mit Flakes verschmutzt sind, was bei ihm einen zusätzlichen Reinigungsaufwand verursachte, so die Erfahrungen von Rolf Lehmann. Auf der Suche nach einer effizienteren und zuverlässigeren Reinigungslösung wurden Tests mit Trockeneis durchgeführt, das im Unternehmen für die Reinigung der Werkzeuge eingesetzt wird. Die Flakes konnten damit zwar entfernt werden, allerdings hinterließen die schroffen Eispartikel Spuren auf den Oberflächen.
Mit CO2-Schnee effektiv und beschädigungsfrei reinigen
Durch eine Internetrecherche wurde der Verkaufsleiter auf die quattroClean-Technologie der acp systems AG aufmerksam. Reinigungsmedium bei diesem trockenen Verfahren ist flüssiges, klimaneutrales Kohlenstoffdioxid (CO2), das als Nebenprodukt bei chemischen Prozessen und der Energiegewinnung aus Biomasse entsteht. Beim Verfahren der acp AG wird dieses durch eine verschleißfreie Zweistoff-Ringdüse geleitet und entspannt beim Austritt zu feinen Schneepartikeln. Sie werden durch einen separaten Druckluft-Mantelstrahl gebündelt und auf Überschallgeschwindigkeit beschleunigt. Beim Auftreffen des -78,5 °C kalten, gut fokussierbaren Reinigungsstrahls auf die zu reinigende Oberfläche sorgen die vier Wirkmechanismen (thermischer, mechanischer, Lösemittel- und Sublimationseffekt) dafür, dass partikuläre Verunreinigungen und filmisch-chemische Kontaminationen zuverlässig entfernt werden.
Die Mitarbeiter der Stöckli AG haben sich genauer über dieses Verfahren informiert und dann im Technikum von acp umfangreiche Reinigungsversuche mit in verschiedenen Farben beschichteten Blenden durchgeführt. Diese Teile wurden danach beim Endkunden begutachtet und entsprechenden Tests unterzogen, um die Beständigkeit der Lackoberflächen zu prüfen. Nachdem dieser das Ergebnis bestätigte, haben wir die Kaufentscheidung getroffen, erinnert sich der Verkaufsleiter.
Für die beschädigungsfreie Entfernung der Lackflakes ist vor allem der thermische Effekt des quattroClean-Verfahrens relevant. Er führt zu einer Versprödung der überstehenden Lackrückstände, die dann durch die Kraft des Schnee-Druckluftstrahls konturgenau abgeschert werden. Die nicht-abrasiven Schneepartikel und die geringe Härte des Strahls stellen dabei sicher, dass weder die Optik noch die funktionalen Eigenschaften der Beschichtung beeinträchtigt werden.
Fertigungszelle für integrierte, automatisierte Reinigung
Basierend auf den Anforderungen von Stöckli konzipierte acp eine automatisierte Reinigungslösung, die in die Fertigungszelle integriert und steuerungstechnisch in die Gesamtanlage eingebunden wurde. Die Information, welche Blendenvariante (55 cm oder 60 cm) zu reinigen ist, erhält das quattroClean-System über die Programmauswahl der Spritzgussmaschine. Zudem sind mit 100 mm/s, 150 mm/s und 200 mm/s drei Geschwindigkeiten hinterlegt, mit denen die Reinigung erfolgen kann.
Der Knickarmroboter der IMD-Anlage platziert die Geschirrspülerblende in der Reinigungsstation. Nach dem Schließen der Hubtüre wird die Düse mittels eines X-Y-
Achssystems entlang der zu reinigenden Kanten geführt. Parallel zur Reinigung werden die abgelösten Flakes zusammen mit dem sublimierten Kohlenstoffdioxid abgesaugt und einer Filtereinheit zugeführt. Dabei verhindern über und unter dem Bauteil positionierte Ionisationseinheiten, die teilweise mit Turbodüsen ausgerüstet sind, dass sich die entfernten Flakes elektrostatisch aufladen und zurück auf das Bauteil vagabundieren. Nachdem die Reinigung abgeschlossen ist, entnimmt der Roboter das Teil und legt es auf das Förderband des UV-Tunnels, in dem der Lack vollständig vernetzt wird.
Für den kompletten Prozess, also das Entnehmen des Teils aus der Spritzgussmaschine, das Einlegen in die Reinigungsstation, die Reinigung, das Entnehmen und Auflegen auf den UV-Tunnel wurde nach Aussage von Rolf Lehmann eine Vorgabe an die Zykluszeit von einer Minute festgelegt. Diese wird bei einer Geschwindigkeit von 100 mm/s eingehalten und bei Bedarf bestehen Reserven, um schneller zu reinigen. Für eine gleichbleibend hohe Prozess- und Reinigungsqualität werden sowohl die Strahlkonsistenz als auch die CO2- und Druckluftzufuhr sowie die Strahldauer kontinuierlich überwacht und alle Werte gespeichert.
Wirtschaftlicher zu besser gereinigten Teilen
Sehr zufrieden sind Rolf Lehmann und sein Kunde aber nicht nur mit dem Reinigungsergebnis, sondern auch mit der Wirtschaftlichkeit der automatisierten Reinigung: Wir haben praktisch keinen Personalbedarf mehr für die Reinigung und der Ausschuss hat sich signifikant verringert. Hinzu komme, dass das quattroClean-System sehr kosteneffektiv arbeite und der CO2-Verbrauch pro Teil gering sei. Die Herstellungskosten pro Blende haben sich dadurch auch für unseren Kunden verringert. Er hat sich deshalb an den Investitionen für die Reinigungslösung beteiligt und wird in relativ kurzer Zeit den Return on Investment erreichen. Für Stöckli hat sich die Investition bei der derzeitigen Produktionsmenge der Bedienpanels für Geschirrspüler nach rund vier Jahren amortisiert. Durch die weiter steigenden Anforderungen an die Optik der Design- und Bedienelemente prüft das Unternehmen derzeit, ob die automatisierte Reinigungslösung für weitere der insgesamt 28 im IMD-Verfahren hergestellten Teile eingesetzt wird.Doris Schulz
Kontakte
- www.acp-systems.com
- www.stockli.ch
