Technologie des Braunschweiger Fraunhofer-Instituts IST landet auf dem Mars

Werkstoffe 05. 05. 2021
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Im neuen Mars-Rover Perseverance ist ein optischer Interferenzfilter des Fraunhofer-Instituts für Schicht- und Oberflächentechnik, kurz Fraunhofer IST, verbaut. Er hilft dem Rover der NASA bei der Untersuchung des Staubs in der Atmosphäre des Planeten – und das unter den extremen Bedingungen.

Nach über einem halben Jahr und 472 Millionen Kilometern Reise ist der neue Mars-Rover Perseverance erfolgreich auf dem Mars gelandet und liefert schon seit der Landung spektakuläre Bilder des Nachbarplaneten. Das Ziel: wichtige Erkenntnisse über etwaiges Leben auf dem Mars gewinnen. Dafür ist in dem eine Tonne schweren Rover umfangreiche, hochsensible Technik verbaut – auch aus Deutschland. Vom Fraunhofer IST aus Braunschweig ist ein spezieller optischer Filter integriert.

Technologie des Fraunhofer IST auf dem Mars: Der Interferenzfilter ist Bestandteil eines optischen Sensors zur Staubcharakterisierung im Mars Environmental Dynamics Analyzer (© Courtesy NASA/JPL-Caltech)

 

Konkret befindet sich der Filter in einem optischen Sensor zur Staubcharakterisierung im Mars Environmental Dynamics Analyzer, kurz MEDA. Der MEDA führt nach Aussage von Dr. Michael Vergöhl Wettermessungen durch, unter anderem werden Windgeschwindigkeit und -richtung, Temperatur und Luftfeuchtigkeit gemessen, aber auch Strahlung sowie Menge und Größe von Staubpartikeln in der Marsatmosphäre. Dr. Michael Vergöhl ist Leiter der Abteilung Niederdruckplasmaverfahren des Braunschweiger Fraunhofer IST; in seiner Abteilung werden mit einer speziel­len Beschichtungsanlage, dem Sputtersystem EOSS®, unter anderem hochpräzise optische Filtersysteme entwickelt. Bei unseren Entwicklungen handelt es sich stets um Spezialanfertigungen – so ist im Rover ein für diesen Anlass hergestellter Bandpassfilter im Einsatz, erklärt Dr. Vergöhl.

Mars-Staub gibt Aufschluss über Klimageschichte

Der Mars Environmental Dynamics ­Analyzer soll im Zuge der Mission wesentlich dazu beitragen, die Erforschung des Mars durch Menschen vorzubereiten. Bereitgestellt werden in diesem Zusammenhang etwa tägliche Wetterberichte, Informationen zu den Strahlungs- und Windmustern und Erkenntnisse hinsichtlich der staubigen Oberfläche des Mars, die den Planeten dominiert. Jene Oberfläche ist übrigens der Grund, warum der Mars auch Roter Planet genannt wird: Für die rötliche Färbung sorgt der Eisenoxidstaub
– quasi Rost – , der die Oberfläche überdeckt. Der Staub auf dem Mars verrät ganz wesentlich etwas über die Geschichte des Planeten und gibt Aufschlüsse über die dortige Klima­geschichte.

Dipl.-Phys. Stefan Bruns erläutert dazu die mit dem Vorhaben verbundenen, besonderen Herausforderungen: Der sogenannte‚ Winkelshift, das heißt die Verfälschung der Messung durch schräg einfallendes zu detektierendes nahes Infrarotlicht müsse möglichst gering ausfallen, gleichzeitig müsse der Filter die extreme Gamma-, Protonen- und ionisierende Strahlung vor Ort aushalten. Außerdem sei ein wesentlicher Aspekt die Temperaturstabilität: Auch bei sehr tiefen Temperaturen bis zu -120 °C dürfe sich der durchgelassene Wellenlängenbereich von 950 nm, das sogenannte Passband, nicht gravierend verschieben. Durch das Instituto Nacional de Técnica Aeroespacial, kurz INTA, wurden im Vorfeld der Mission fast vier Jahre lang umfangreiche und teilweise schärfste Tests im Vakuum mit Blick auf Druck- und Temperaturbedingungen durchgeführt. Dabei wurde der Filter beispielsweise 3000 Mal einem schnellen Temperaturwechsel zwischen -135 °C und 45 °C ausgesetzt. Das System soll ja schließlich nicht nach ein paar Mars­tagen ausfallen, erklärt Bruns.

Stabile Leistungen unter ­besonderen Umwelteinflüssen

Die Sensoren des MEDA sind im Rover an unterschiedlichen Positionen integriert, ­unter anderem am Hals des Geräts, an der Frontseite sowie im Innenteil. Die Sensorik für Strahlungsbelastung und Staub befinden sich auf der Oberseite des Rovers; dort eingesetzt: der Filter des Fraunhofer IST. Die Aufgabe des Filters ist es nach Angabe von Bruns, nur Licht im nahen Infrarotbereich durchzulassen. Dabei gehe es darum, den Staub auf der Oberfläche des Mars zu erkennen. Angefragt wurde der Filter von der spanischen Weltraumorganisation INTA.

Hergestellt haben die Wissenschaftler des Fraunhofer IST den sogenannten Bandpassfilter auf der EOSS®-Beschichtungsanlage mittels Magnetronsputtern. Um zu gewährleisten, dass die extrem dünnen Einzelschichten des Filters hochpräzise und homogen abgeschieden werden, wird das ebenfalls am IST entwickelte optische Monitoring System eingesetzt. Natürlich kommen Bandpass­filter nicht nur interstellar zum Einsatz. Abteilungsleiter Michael Vergöhl zufolge gibt es auch immer wieder Bandpassfilter für Anwendungen auf der Erde. Die Besonderheit dieser Filter liege darin, dass sie auch unter außergewöhnlichen Umwelteinflüssen sehr stabil arbeiteten. Je nach Rahmenbedingung werden die Filter für jeden Anlass besonders entwickelt.

Text zum Titelbild: Interferenzfilter für die Mars-Mission (© Fraunhofer IST/Falko Oldenburg)

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