Neuartiges Kühlkonzept für eine umweltfreundliche Mobilität

Werkstoffe 06. 05. 2019
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Direktgekühlter Elektromotor aus Kunststoff

Sollen Elektroautos leichter werden, muss auch der Motor abspecken. Beispielsweise, indem man ihn aus faserverstärkten Kunststoffen herstellt. Forscherinnen und Forscher des Fraunhofer-Instituts für Chemische Technologie ICT ent­wickeln gemeinsam mit dem Karlsruher Institut für Technologie KIT ein neues Kühlkonzept, das den Einsatz von Kunststoffen als Gehäusematerial ermöglicht. Ein weiterer Vorteil des Konzepts: Die Leistungsdichte und Effizienz des Antriebs werden gegenüber dem Stand der Technik deutlich erhöht.

Elektromotor und Batterie bilden die zen­tralen Elemente des elektrischen Antrieb­strangs. Eine hohe Leistungsdichte, ein geringer Bauraum innerhalb des Elektrofahrzeugs und ein hoher Wirkungsgrad spielen eine besondere Rolle, um eine nachhaltige Mobilität zu gewährleisten. Im Kooperationsprojekt DEmiL, kurz für Direktgekühlter Elektromotor mit integralem Leichtbaugehäuse, entwickeln Forscherinnen und Forscher des Fraunhofer ICT in Pfinztal gemeinsam mit dem Elektrotechnischen Institut und dem Institut für Fahrzeugsystemtechnik des KIT ein neuartiges Konzept, das sich durch die direkte Kühlung von Stator und Rotor auszeichnet. Ein Elektromotor besteht nach Aussage von Robert Maertens, Wissenschaftler am Fraunhofer ICT, aus einem sich drehenden Rotor und einem feststehenden Stator. Im Stator befänden sich gewickelte Kupferdrähte, durch die Strom fließe. Hier entsteht ihm ­zufolge ein Großteil der elektrischen Verluste. Die ­eigentliche Innovation unseres Konzepts liegt im Stator, sagt Robert Maertens.

Flachdraht ersetzt Runddraht

Elektromotoren haben einen hohen Wirkungsgrad von über 90 Prozent. Somit wird ein hoher Teil der elektrischen in mechanische Leistung umgesetzt. Die verbleibenden etwa zehn Prozent der elektrischen Leistung fallen als Verlust in Form von Wärme an. Um eine Überhitzung des Motors zu vermeiden, wird die Wärme im Stator bislang durch ein metallisches Gehäuse zu einem Kühlmantel mit kaltem Wasser abgeleitet. Die Forscherteams ersetzen den Runddraht durch rechteckigen Flachdraht, den man enger auf den Stator wickeln kann. Dadurch entsteht mehr Raum für den angrenzenden, neben den Flachdrähten liegenden Kühlkanal.

Die Verlustwärme kann durch diese Optimierung nach Aussage von Maertens durch den innenliegenden Kühlkanal abgeführt werden und muss nicht mehr durch das Metall­gehäuse nach ­außen zu einem Kühlmantel transportiert werden. Der Kühlmantel ist seinen Worten zufolge in diesem Konzept nicht mehr erforderlich. In der weiteren Konsequenz falle die thermische Trägheit geringer aus, und zusätzlich erreiche der Motor eine höhere Dauerleistung. Darüber hinaus lässt sich durch eine Kühlung des Rotors dessen Verlustwärme ebenfalls im Motor abführen.

Da die Wärme dort abgeleitet wird, wo sie entsteht, können die Projektpartner den kompletten Motor und das Gehäuse in Kunststoffbauweise ausführen und damit weitere Vorteile realisieren. Kunststoffe sind leicht und sie lassen sich einfacher fertigen als Aluminiumgehäuse. Auch komplexe Geometrien sind laut Maertens ohne Nachbearbeitung möglich, sodass die Forscher und Forscherinnen in Summe einiges an Gewicht und Kosten einsparen. Das bisher erforder­liche Metall, das als Wärmeleiter diente, kann durch Kunststoff – einen schlechten Wärme­leiter – ersetzt werden.

Die Projektpartner setzen auf faserverstärkte, duromere Kunststoffe ihres Projektpartners SBHPP Vyncolit, die sich durch eine hohe Temperaturbeständigkeit sowie eine hohe Beständigkeit gegenüber den aggressiven Kühlmitteln auszeichnen. Anders als Thermo­plaste quellen sie nicht auf, wenn sie mit ­Chemikalien in Berührung kommen.

Das Kunststoffgehäuse wird im automatisierbaren Spritzgießverfahren aus der Phenolharz-Formmasse Vyncolit X7700 hergestellt. Die Prototypen werden in einer Zykluszeit von vier Minuten gefertigt. Die Statoren selbst werden im Transfer-­Molding-Verfahren mit einer wärmeleitfähigen Epoxidharz-Formmasse (Sumikon EME-A730E) umspritzt. Das Forscherteam hat den Elek­tromotor hinsichtlich seiner Konstruktion und der Herstellungsprozesse so ausgelegt, dass er sich in Großserie produzieren lässt.

Der Statoraufbau ist nun abgeschlossen, das Kühlkonzept wurde experimentell validiert. Wir haben in die Kupferwicklungen durch Strom die Wärmemenge eingebracht, die gemäß der Simulation im Realbetrieb anfallen wird, sagt Maertens. Die Forscher konnten zeigen, dass sie bereits in der Lage sind, mehr als 80 Prozent der erwarteten Verlustleistung herauszukühlen. Auch für die verbleibenden knapp 20 Prozent gebe es schon Ansätze, beispielsweise durch eine Optimierung der Kühlwasserströmung. Aktuell ­werden die Rotoren aufgebaut, sodass wir den Motor in Kürze auf dem Prüfstand des Elektrotechnischen Instituts betreiben und im Realbetrieb validieren können, resümiert Robert Maertens den Stand des Projekts.

Text zum Titelbild: Schnittdarstellung des Elektromotors;. Kernstück des Motors bildet ein Stator aus zwölf Einzelzähnen, die mit einem Flachdraht hochkant umwickelt sind (© Fraunhofer ICT)

 

Kühlwasserkreislauf im ­Stator (© Fraunhofer ICT)

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