Bericht über die 3. BIA Fachtagung Kunststoff- und Galvanotechnik von Barbara Eufinger
Die 3. Fachtagung der Firma BIA Kunststoff- und Galvanotechnik in Solingen bot Ende Juni 2018 Neuigkeiten und Innovationen rund um die Kunststoff- und Galvanotechnik. Über 80 Besucher erhielten hier Einblicke in neueste Entwicklungen bei BIA als auch in aktuelle Trends im Automobildesign. Die Präsentation der BIA-Produktion am Solinger Standort mit neuem, vollautomatischem Hochregallager sowie gerade bezugsfertig gewordenem Verwaltungsgebäude rundeten die Tagung ab.
BIA-Geschäftsführer Jörg Püttbach eröffnete die Tagung mit einem klaren Statement für Chrom als optisch und haptisch wertiges und zukunftsfähiges Designelement im Automobilbereich. Chrom ist nach Überzeugung von Jörg Püttbach nach wie vor wettbewerbsfähig und wie die Tagung zeigte, sind die Prozesse bei BIA enorm weiterentwickelt, sodass die galvanische Verchromung auch in der Zukunft die beste Technologie für metallische Oberflächen im Fahrzeugbau darstellt. Sie ist kosteneffizient und bietet durch unsere stetigen Entwicklungen immer wieder neue Designmöglichkeiten.
REACh-Autorisierung
Zum Thema REACh-Verordnung gab BIA-Geschäftsführer Dr. Markus Dahlhaus einen kurzen Überblick über den Stand der Autorisierung von Chromtrioxid (Chrom(VI)), die BIA mit dem Fachverband Galvanisierte Kunststoffe (FGK) beantragt hat. Die von der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) vorgenommene Empfehlung einer Autorisierung für die FGK-Mitgliedsunternehmen von zwölf Jahren liegt nach Aussage von Dr. Dahlhaus seit mehr als einem Jahr zur Bestätigung bei der EU-Kommission; diese ist den Angaben der Behörde zufolge überlastet. Allerdings ist nach Erfahrung von Dr. Dahlhaus in 100 Prozent aller Anträge die Kommission bisher der Empfehlung der ECHA gefolgt. Neben der Sicherung der aktuellen Produktion aus Chrom(VI)verfahren produziert BIA nach Aussage von Dr. Dahlhaus bereits heute erfolgreich Chromoberflächen aus Chrom(III)elektrolyten in Serie und ist intensiv an der Prozessentwicklung für eine chrom(VI)freie Vorbehandlung mit den Chemikalienherstellern beteiligt.
Neue Technologien in der Kunststoffgalvanik
Bei neuen Entwicklungen setzte auch Heiko Viecenz, Key Account Manager Vertrieb Automotive vom Spezialchemielieferanten HSO, in seinem Vortrag an. Chromoberflächen aus Chrom(III)elektrolyten sind nach seinen Worten heute prozesssicher entwickelt und wie die Produktion bei BIA in der Slowakei bereits zeigt, auch serientauglich. Alle Automobilanforderungen würden erfüllt. Allerdings ist die Prozessführung nach Aussage des HSO-Experten deutlich anspruchsvoller und die Farbe der Schicht ist ein Thema. Da die Schicht des Chrom(III)verfahrens aus dem Kation abgeschieden wird, kann es durch Fremdmetalle in der Schicht zu Farbschwankungen kommen. Dies kann aber auch als Entwicklungschance gesehen werden, da so bewusst mit Zusätzen von Legierungsbestandteilen neue dunkle Oberflächen möglich werden. Damit kommen die Anbieter der Verfahren dem Wunsch der OEM nach neuen dunklen Designoberflächen nach, die weiterhin die metallische Haptik bieten. So wird die Kunststoffgalvanik zum Trendsetter. In Kombination mit strukturierten Oberflächen wie dem BIA Texture Chrome erweitern sich die Designmöglichkeiten enorm, gab Viecenz einen Ausblick auf mögliche Oberflächentrends.
Zum Thema chrom(VI)freies Beizen berichtete er überdies von enormen Fortschritten bei der Entwicklung. Die Richtung stimmt, allerdings ist noch etwas Zeit bis zur prozesssicheren Qualifizierung erforderlich.
Neue Materialien für den Spritzguss
Die aktuellen Forschungs- und Entwicklungsansätze zu neuen Materialien und Anforderungen in der Kunststoffgalvanisierung erläuterte Dr. Felix Heinzler, Leiter Entwicklung und Prozesstechnik bei BIA. Die Anforderungen an Bauteile sind seiner Aussage zufolge in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. Zunehmende Funktionsintegration bei Durchleuchtung, Verbau und Oberflächendesign, aber auch Geometrien mit scharfen Radien sowie die wachsenden Testanforderungen bringen die Materialien und Prozesse in Grenzbereiche, fasste der Experte die Problematik in der Materialentwicklung zusammen. Hier setzt die BIA-Entwicklung mit systematischer Suche nach passenden Kunststoffen an.
Heinzler präsentierte die BIA-Versuchsergebnisse von 27 Materialien. Mit Hilfe eines speziellen Testwerkzeugs, das schwierige Bauteilgeometrien und Oberflächen abbildet, wurden verschiedene galvanisierbare ABS/PC-Blends getestet. Es gibt Kunststoffe, die bei den Tests im Vergleich mit Standard-ABS keine Ausfälle haben und einen geringeren Verzug aufweisen. Materialien mit hoher Wärmeformbeständigkeit in Kombination mit niedriger Viskosität eröffnen uns ein großes Prozessfenster und zeigen positiven Einfluss auf die Testbeständigkeit, wie Dr. Heinzler sein positives Fazit der Forschungsanstrengungen zog.
Auch die erweiterten Materialanforderungen bei Ambiente-Beleuchtung wie Tagkontrast, Transmission und Lichtstreuung hat die BIA-Entwicklung intensiv untersucht. BIA kann laut Dr. Heinzler seinen Kunden mit der Auswahl des richtigen Materials auch bei schwierigen Bauteilen passgenaue Lösungen bieten, die den hohen Anforderungen genügen. Binden Sie uns frühzeitig ein, so können wir das richtige Material für Ihre speziellen Anforderungen auswählen, appellierte er abschließend an die Kunden.
Designwunsch Authentische Materialien
Welche Trends im Automotive-Bereich die Designer aktuell bewegt, zeigten Aurelie Nangniot, Projektmanagerin Design, und Dominique Manceau, Leiter Innovation bei der Groupe Plastivaloire. Authentische Materialien spielen aktuell im Design eine immer größere Rolle und gelangen auch zunehmend in den Fokus für Fahrzeuge. Holz, Stein, Leder und Chrom stehen dabei im Mittelpunkt. Sie finden nicht mehr nur im Premiumbereich Anwendung, sondern setzen mehr und mehr Akzente in allen Fahrzeugen. Dabei sind Kombinationen mit Lichteffekten und Strukturierungen gefragt. Da Naturprodukte wie Stein oder Holz eine unregelmäßige Struktur haben, wird nach den Worten von Nangniot jedes Fahrzeug zum Unikat. Mit der Integration vieler Funktionen in Touch Screens setzen die Designer bei den verbleibenden Elementen besondere Akzente. Strukturierte Metalloberflächen wie das BIA Texture Chrome liegen mit der Integration von Funktion und Design im Trend.
Neues vom Nachtdesign
Genau da setzte der Vortrag Neue Gestaltungsmöglichkeiten durch den Einsatz von BIA Nachtdesign und BIA Texture Chrome von Ullrich Gutgar an, stellvertretender Leiter Entwicklung und Prozesstechnik bei BIA. Er gab einen Überblick über die Möglichkeiten, die das Unternehmen zu strukturierten Oberflächen bietet. Je nach Kundenwunsch und Bauteil kann BIA als neueste Prozesstechnik im Werkzeug strukturierte Oberflächen oder auch im 3D-Großformat laserstrukturierte Oberflächen realisieren. Beim Nachtdesignverfahren stehen Umspritzverfahren, Lasern oder Druckverfahren zur Auswahl. Chrom und Licht wachsen bei der Ambientebeleuchtung zusammen. Mit dem BIA Nachdesign Multicolor präsentierte Gutgar die neueste BIA-Entwicklung.
Mit farbig hinterspritzten Folien können hinterleuchtete Symbole in allen Farben erzeugt werden. Mit den BIA Multicolor Folien verbessert sich der Kontrast bei Tag, es werden verschiedene Farben trotz einfarbiger LED möglich und es lassen sich beliebig viele Farben mit maximal 2-K-Spritzguss realisieren, wie Gutgar die neuen Möglichkeiten für die Designer hervorhob.
Galvanik 4.0
Für die Wettbewerbsfähigkeit der Chromoberfläche ist eine ständige Verbesserung der Abläufe im Unternehmen entscheidend. Unter dem Schlagwort Galvanik 4.0 durchleuchtete BIA-Betriebsleiter Florian Koch gemeinsam mit Boris Gebauer, Geschäftsführer der Gebauer GmbH (System TimeLine) alle Produktionsbereiche bei BIA zum Thema Digitalisierung und gab einen Ausblick auf zukünftige Optimierungsszenarien. Angefangen bei der Anbindung zum Kunden, die zukünftig vernetzt mit dem Austausch von Echtzeiten arbeiten soll, wird auch im Bereich Logistik eine integrative Produktionsplanung mit Echtzeitsimulation und automatisierten Transportsystemen stehen. Im Spritzguss werden automatisierte Werkzeugbereitstellung und -wechsel manuelles Rüsten ablösen und werkzeuggebundene Prototypenfertigung könnte dann einem 3D-Rapid Prototyping weichen.
Die bei BIA bereits heute vollautomatischen Gestellspeicher mit artikelspezifischen RFID Tags könnten weiter automatisch bis zur Aufsteckstation bereitgestellt werden. Auf- und Abstecken erfolgen heute bei BIA zum Teil schon durch Roboter, während die Endprüfung aktuell ein rein manueller Prozess ist. Automatisierte Prüfmethoden sowie robotergestütztes Finishing und Verpacken sind hier noch Zukunftsmusik. Im Versand bietet BIA mit dem neuen vollautomatischen Hochregallager, automatischer Generierung aller Frachtunterlagen und einer Onlineanbindung an Logistikdienstleiter die Industrie 4.0 bereits ab.
Optimierungen der Abläufe und gleichzeitig Kreativität bei neuen Prozessen und Entwicklungen werden zusammen mit einer globalen Ausrichtung der Schlüssel für den zukünftigen Erfolg von deutschen Unternehmen sein, wie BIA-Geschäftsführer Jörg Püttbach zum Abschluss der Fachtagung mit Überzeugung betonte.