Die TU Bergakademie Freiberg geht neue Wege bei der Verwendung des Leichtmetalls Magnesium. Am 21. März wurde dafür eine neue Forschungsanlage eingeweiht.
In ihren Studiengängen Werkstoffwissenschaften und Werkstofftechnologie sowie Fahrzeugbau: Werkstoffe und Komponenten spielt dies eine wesentliche Rolle. Die neue Forschungsanlage ermöglicht weltweit erstmalig die Herstellung von Magnesiumdraht mit der an der TU Bergakademie entwickelten und patentierten, energie- und ressourceneffizienten Gießwalztechnologie. Der superleichte Werkstoff soll künftig vor allem in der Biomedizin oder in der Verbindungstechnik in Form von Schrauben oder Schweißdraht eingesetzt werden.
Das Projekt wird durch das Sächsische Ministerium für Wissenschaft und Kunst über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) mit fünf Millionen Euro gefördert. Sachsen versteht sich nach den Worten von Dr. Eva-Maria Stange, Sächsische Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst, als modernes, technologieoffenes und wirtschaftsstarkes Industrieland, das seine Hochschulen, Forschung und Wissenschaft kontinuierlich und auf hohem Niveau stärkt, auch um der regionalen Wirtschaft Schub zu geben. Die auch vom Freistaat geförderte Pilotanlage zur Herstellung von Magnesiumdraht ist auf den ersten Blick ein Spezialfall, doch sie hat als ein Baustein in der Entwicklung von Leichtbautechnologien eine große Ausstrahlung: Wir arbeiten damit an einem innovativen Leichtbauwerkstoff, wir ermöglichen vollkommen neue Anwendungen. Somit leisten wir einen Beitrag zu energie- und umwelteffizienten Technologien, zum Beispiel bei Verkehrssystemen, und nutzen nachhaltig verfügbare Rohstoffe.
Forscher und Studierende der TU Bergakademie Freiberg profitieren davon. Mit der neuen Forschungsanlage übertragen wir unser Spezialwissen im Bereich der Gießwalzverfahren von Leichtbauwerkstoffen in Form von Blechen und Band erstmalig auf die Erzeugung von Magnesiumdraht. Das eröffnet nach Aussage von Prof. Dr. Rudolf Kawalla, Prorektor Forschung der TU Bergakademie Freiberg und Direktor des Instituts für Metallformung, neue Möglichkeiten zur Herstellung von Bau- und Konstruktionselementen im Maschinen-, Fahrzeug- und Werkzeugbau; in der Architektur sowie bei der Anfertigung von Implantaten in der Biomedizin. Die Studierenden der TU Freiberg profitierten von dieser Anlage durch praxisorientiertes Lernen ebenso wie deren Forscher.
Acht Meter lang Stäbe mit bis zu 20 Zentimeter Durchmesser
Die Anlage kann bis zu elf Stunden im Betrieb sein und kontinuierlich Drähte beziehungsweise Stäbe bis zu einem Durchmesser von 20 Zentimetern mit einer Länge von bis zu acht Metern produzieren. Zu der Anlage gehört ein elektrisch beheizter Schmelz- und Gießofen mit einem Fassungsvermögen von 400 Kilogramm Magnesium. Die metallische Schmelze wird in der neuen Anlage unmittelbar zwischen zwei rotierenden Walzen vergossen und erfährt während des Erstarrungsvorgangs eine erste Umformung. Das macht den Draht nicht nur stabiler, sondern auch die Herstellungsroute effizienter. So lassen sich Prozessschritte und damit Material- und Energiekosten einsparen, wobei gleichzeitig die Produktivität und Wirtschaftlichkeit verbessert werden. Laufen die Tests vielversprechend, soll die Pilotanlage in den industriellen Maßstab überführt werden.
Forschung dient an unserer Universität neben dem Erkenntnisgewinn für die globalen Herausforderungen der Gesellschaft vorrangig einer exzellenten modernen Lehre, erklärt Rektor Prof. Dr. Klaus-Dieter Barbknecht. Die Forschung am Leichtbauwerkstoff Magnesium sei seit Jahren ein Kernelement am Institut für Metallformung der TU Bergakademie Freiberg. Die Erforschung eines wirtschaftlichen Einsatzes der begehrten Magnesiumdrahtwerkstoffe biete gerade für die sächsische Leichtbaubranche großes Potenzial. Gleichzeitig bieten sich nach seinen Worten exzellente Anknüpfungsmöglichkeiten für die gemeinsame Forschung im Rahmen der 2017 gegründeten Leichtbau-Allianz Sachsen.
Schon Anfang der 2000er Jahre wurde in Freiberg ein innovatives Gießwalzverfahren für Magnesiumbleche und -band entwickelt sowie erfolgreich in einer eigens dafür entwickelten Pilotanlage erprobt. Mit der Übertragung der Gießwalztechnologie auf die Erzeugung von Magnesiumdraht betritt die TU Bergakademie Freiberg für Metallformung abermals Neuland. Eine für die Technologieentwicklung vorgesehene Versuchsanlage wurde seit dem Jahr 2016 am Institut für Metallformung entwickelt und durch den Spezialanlagenbauer hpl Neugnadenfelder Maschinenfabrik baulich realisiert. Für das eigens für den Betrieb der Pilotanlage errichtete Hallengebäude wurde im Februar 2017 der Grundstein gelegt.
- www.imf.tu-freiberg.de

Text zum Titelbild: Die neue Forschungsanlage ( TU Bergakademie Freiberg)


Prof. Rudolf Kawalla (li.) und Prof. Ulrich Prahl diskutieren die Vorzüge der neuen Anlage ( Detlev Müller)