Verschleißschutzschichten aus Elektrolyten mit Chrom(VI) und ihre möglich Alternativen

Oberflächen 09. 09. 2016
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Von Matthias Kurrle, Stuttgart

In den letzten Jahren sind Chromschichten, die mit Elektrolyten auf Basis von Chrom(VI) abgeschieden wurden, bedingt durch REACh immer mehr in die Kritik geraten. Als Resultat daraus wird die Forschung und Suche nach adäquaten Alternativen und Substituten immer stärker forciert und es zeichnen sich erste vielversprechende Lösungen ab. Wie es sich derzeit darstellt, kann von einer Autorisierung von Chrom(VI) für den Einsatz in der Industrie für vor allem die funktionalen galvanische Verchromung durch die Europäische Kommission ausgegangen werden. Wie lange und in welcher Breite dies geschieht wird voraussichtlich im 4. Quartal 2016 entschieden. Die ECHA und das CTAC-Konsortium haben mit entsprechender Unterstützung der Industrie ihre Anträge begründet und auf den Weg gebracht.

Bei der Suche nach Alternativen herrscht mittlerweile Einigkeit, dass es keinen Ersatzstoff geben wird, der die betroffenen Verbindungen mit Chrom(VI) in seiner vollen Breite ersetzen wird. Es gibt aber bereits Lösungen und Alternativen im Bereich der chemisch abscheidenden Nickelverfahren und der galvanisch abgeschiedenen
Nickel-Phosphor-Dispersionsschichten, die teilweise die Eigenschaften und Leistung hinsichtlich Verschleiß und reduzierter Reibleistung von Chrom(VI)schichten deutlich überbieten.

Vor allem DIAGLIDE- und NDC-Schichten mit Siliziumcarbid- oder Diamantpartikeln in verschieden Korngrößen von nanoskalig bis 5 µm erreichen hier beachtliche Werte, die im direkten Vergleich mit Hartchrom durchaus bestehen. Dies liegt auch insbesondere an konturgenauer Abscheidung und der Möglichkeit, die Eigenschaftsprofile dieser Schichten durch die Variation verschiedener Parameter sehr exakt an die Anforderungen der jeweiligen Applikation anzupassen.

Die weitere Entwicklung wird hier sicher noch sehr viele interessante Varianten hervorbringen, da vor allem auch Kombinationen aus den unterschiedlichen Partikeln gute Perspektiven aufzeigen. Chemisch abgeschiedene Nickelschichten mit Nanodiamanten haben sehr gute Verschleißeigenschaften, die in Zukunft sicher eine gute Alternative zu Hartchromschichten darstellen können.

Anfänglich gute Ergebnisse bei neuen Verfahren mit Elektrolyten auf Basis von Verbindungen mit Chrom(III), die in Kombination mit Partikeleinlagerung und auch Wärmebehandlung sehr gute Härtewerte von bis zu 2000 HV0,1 erbringen, haben sich im direkten Vergleich mit deutlich weicheren Hartchromschichten (1200 HV0,1) aus Verfahren mit Chrom(VI) nicht durchsetzen können. Es gibt nach heutigem Kenntnisstand kein Verfahren mit Chrom(III), das einen Ersatz für elektrolytische Abscheideverfahren mit Chrom(VI) darstellen könnte.

Als weiteres Problem zur REACh-Thematik stellt sich die Verfügbarkeit von geeigneten Netzmitteln, die zur Vermeidung der Bildung von Chromnebel in Elektrolyten mit Chrom(VI) eingesetzt werden. Noch dürfen die lange gebräuchlichen PFOS-haltige Netzmittel, wie zum Beispiel FUMEX FTR, eingesetzt werden. Aber es ist davon auszugehen, dass die Rohstoffe, die zur Herstellung notwendig sind, in absehbarer Zeit eingestellt werden. Deshalb sind PFOS-freie Netzmittel wie FUMEX PFF oder FUMEX Ultimate sehr wichtige Bausteine, um auch zukünftig elektrolytische Abscheideverfahren mit Chrom(VI) betreiben zu können.

Selbst in geschlossenen Anlagen und auch Reaktoranlagen können die zukünftigen zu erwartenden Grenzwerte für Verbindungen mit Chrom(VI) nur mit Einsatz von geeigneten Netzmitteln erreicht werden. Netzmittel wie FUMEX Ultimate erzielen sogar gleichzeitig eine deutliche Verbesserung der Streufähigkeit von Elektrolyten mit Chrom(VI) und vermeiden somit bisher notwendige Überbeschichtungen zur Erreichung von Mindestschichtstärken in Bereichen mit geringeren Feldstärken. Dies ist ein wichtiger Beitrag zur Optimierung von Verfahren, da geringere Beschichtungszeiten auch weniger Emissionen verursachen.

Insgesamt ist mit einer deutlichen Zunahme von leistungsfähigen alternativen Abscheideverfahren mit Chrom(VI) zu rechnen. Ein Möglichkeit, kurz oder mittelfristig auf Verfahren mit Chrom(VI) gänzlich zu verzichten, ist aus heutiger Sicht jedoch nicht vorstellbar. Es gibt nach wie vor zu viele Anwendungen in Industrien, in denen Bauteile oder ganze technische Systeme mit Schichten aus Abscheideverfahren mit Chrom(VI) homologiert sind, durch deren Wegfallen erheblicher volkswirtschaftlicher Schaden entstehen würde. Aus diesem Grund ist es wichtig, weiterhin das Vorhandene zu pflegen und gleichzeitig die Suche nach Alternativen weiter zu forcieren.

Für die industriellen Anwender wird es wichtig sein, nicht nur darauf zu warten bis eine erste Referenzanwendung vorhanden ist, sondern auch aktiv mit eigenen Versuchen die Fortentwicklung der Oberflächentechnik in diesem Segment zu unterstützen. Der positive Effekt von REACh für die Oberflächentechnik ist die Schaffung neuer technischer Lösungen mit besserer Umweltrelevanz und höherer Leistung.

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Text zum Titelbild: Galvanisch beschichteter Zylinder
 

Schnitt durch eine mehr als 100 µm (0,1 mm) dicke Hartchromschicht, die als Verschleißschutz wirkt

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