Digitalisierung in der Zahntechnik – Einsatz generativer Techniken

Medizintechnik 10. 03. 2015
  • Autoren dieses Artikels
  • 2269x gelesen

Einsatz von generativen Techniken zur industriellen Herstellung von Zahnersatz in einer effektiven Prozesskette im CAD/CAM-Fertigungszentrum für Dentallabore bei Fresdental

Die Zahnlabore stehen vor einem digitalen Umbruch: Bislang war handwerklich gegossener, gefräster und veredelter Zahnersatz das klassische Produkt der Zahntechniker für den Zahnarzt. Zunehmend werden nun lasergeschmolzene Implantate, Abutments, Kronen und Brücken in der Zahnheilkunde eingesetzt. Das Fertigungszentrum Fresdental in Spanien ist ein Beispiel für die digitale Industrialisierung in der Dentaltechnik, welche die Methoden in der Odontologie zukünftig prägt und verändert.

Fresdental, Partner für Dentallabore, ist ein Fertigungszentrum zur industriellen Herstellung von Implantaten, Brücken und Kronen. 1999 wurde es in der Nähe von Alicante gegründet. Als Dienstleister für Dentallabore wird Zahnersatz sehr schnell und maßgeschneidert bei Fresdental gefertigt. Die Stärke von Fresdental sind Implantate, die rund 70 Prozent des Umsatzes ausmachen. In einer spezialisierten Datenbank, der Implantatebibliothek, wird dieser Erfahrungsschatz dokumentiert und fortgeschrieben. Zahntechniker in der spanischen Welt kennen Fresdental: Über 240 Zahn­labore werden auf der Iberischen Halbinsel und in Südamerika beliefert. Zum Einsatz kommen konventionelle Verfahren, wie die Herstellung von Zahnersatz auf dreiachsigen DSC-Fräsmaschinen, und seit 2005 auch CAD/CAM-Technologien, wie das Laserschmelzen von Metallen. Zudem unterstützt Fresdental Dentallabore bei der Herstellung von 3D-Modellen für Interoral-Scanner.

Francisco Perez Carrio, Fachtechniker für Zahnersatz, Fresdental (Foto: Fresdental)

 

Industrielles Niveau verbindet Wirtschaftlichkeit und Qualität

Von insgesamt elf Fertigungsanlagen auf 840 Quadratmeter Produktionsfläche sind bereits zwei Anlagen aus der digitalen Welt: Die zwei Laserschmelzanlagen Mlab cusing von Concept Laser sind nach Aussage von Francisco Perez Carrio, Fachtechniker für Zahnersatz bei Fresdental, Ausdruck des zunehmenden Einsatzes moderner CAD/CAM-Technik in der Dentaltechnik. In Spanien ist Francisco Perez Carrio zufolge die CAD/CAM-Technik in der Odontologie früh angekommen. Die Gründe sind für ihn klar: Günstigerer Produktpreis, parallele Fertigung von Zahnersatz in einem Fertigungsauftrag auf einer Bauplatte und die hohe Aufbaugeschwindigkeit bis zum Endprodukt sind seine Kernargumente. Aber auch beim Energieeinsatz, der Wiederverwendung des Materials, der Einsparung von Werkzeugen in der Fertigung sowie beim Thema Personalaufwand kann das Laserschmelzen punkten.

Aufbereitung von CAD-Daten mittels 3D-Modellen am Rechner (Foto: Fresdental)

Brückenkonstruktion (Foto: Fresdental)

 

Gegenüber der klassischen Kalkulation eines handwerklich orientierten Dentallabors ist die digitale Fertigung enorm wirtschaftlich und bietet auch noch qualitative Vorteile. Der Herstellungspreis eines durchschnittlichen Zahnersatzes liegt bei etwa 20 Euro – dank des Einsatzes des LaserCUSING-Verfahrens sinkt er auf knapp unter zehn Euro. Als industrielles Fertigungszentrum sieht sich das Unternehmen nach Ansicht von Francisco Perez Carrio als Dienstleister der Wahl und als verlängerte Werkbank für Dentallabore. Das Laserschmelzen mit Metallen ist logischer Ausdruck der Digitalisierung in der Fertigung, mit dem sich die höchsten Qualitätsstandards erzielen lassen. Die digitale Zukunft ist seiner Meinung nach nicht vom Laserschmelzen zu trennen.

Hohe Passgenauigkeit und filegrane Konstruktionen

Fresdental spezialisierte sich früh auf sehr komplexe Geometrien. Gerade hier, bei Konstruktionen mit hohen Spannweiten oder auch Implantaten, die kieferorthopädisch eingebettet werden müssen, kann das formungebundene Verfahren punkten.­ Hinsichtlich Passgenauigkeit, Geometriefreiheit oder filigraneren Klammern ergeben sich laut Francisco Perez Carrio neue Möglichkeiten für Zahntechniker und Zahnärzte.

Laserschmelzanlagen Mlab cusing bei Fresdental (Foto: Fresdental)

 

Grundsätzlich werden Konstruktionen möglich, die für den Patienten mehr Verwendungsnutzen ergeben. Die generativ hergestellten Konstruktionen sind konventionell hergestelltem Zahnersatz in Leistung oder Nutzzeit überlegen. Die generative Struktur ermöglicht sichere Keramikverblendungen, beispielsweise mit innovativer Verblend­keramik. Oberflächenfehler des Gussverfahrens, wie Lunker, entfallen ohnehin beim Laserschmelzen. Durch Rapid Manufacturing-Verfahren, wie dem Laserschmelzen, kann das Labor je nach Anforderung des Zahnersatzes auf die ­jeweils funktional, wie wirtschaftlich beste Lösung für einen Zahnersatz, als Krone und Brücke, Gerüst, Abutment, Primär- und Sekundärteil oder Implantat-Supra-Konstruktion, zurückgreifen.

Industrielle Fertigung bei Kontrolle aller Prozessparameter

Das Material wird je nach Anwendungs­fall ausgewählt, so Francisco Perez Carrio. Der Trend geht zu flexibel einsetzbaren, transparenten und zahnfarbenen Materialien. Das LaserCUSING-Verfahren ermöglicht es, Käppchen, Brückengerüste, Modellgussteile, Abutments, sowie Primär- und Sekundärteile aus Pulver wirtschaftlich herzustellen. Neben der maschinellen Technik ist das eingesetzte Legierungspulver für ein hochwertiges prothetisches Gerüst von elementarer Bedeutung: Zusammensetzung, Pulverform, Korngröße sowie Korngrößenverteilung bestimmen Qualität und Präzision der so hergestellten Teile. Da es möglich ist, auf alle Prozess­parameter im Bauprozess Einfluss nehmen zu können, können die Geometrie, aber auch vor allem die Dichte, die Steifigkeit und die Elastizität beziehungsweise ­E-Module des Endprodukts definiert und variabel gefertigt werden.

         
     

Abutments (Foto: Fresdental)

 

Ein anderer Aspekt sind Kombinationen aus Modul- beziehungsweise Mehrkomponentenbauweise. Dabei kommen Basiskörper, die in den Kiefer implantiert werden, als Primärteile zum Einsatz. Hierauf kommt ein generativ gefertigter Grundkörper, der konstruktiv eine Keramikverblendung, zum Beispiel aus HeraCeram, sicher und langlebig als Sekundärteil aufnimmt. Fertigungsbetriebe wie Fresdental verfügen als Pioniere in Fertigungstechnologien über langjährige Erfahrung und gelten als digitaler Know-how-Träger im Orthodontiesektor.

        
   

Mit der Metall-Laserschmelztechnik gefertigte Abutments, Kronen und Brücken von Fresdental (Dentalteile mit Stützkonstruktionen auf Bodenplatte) (Foto: Fresdental)

CAD-Darstellung eines Implantats (Foto: Fresdental)

 

Entspannungsstrategien

Mit der optimalen Fertigungstechnik können zum Beispiel Brücken mit mehr als zehn Gliedern nicht nur spannungsfrei in einem Fertigungsschritt hergestellt werden, sondern sie können in stark beanspruchten Bereichen verstärkt ausgelegt werden; etwa in freitragenden Bereichen, in Randzonen oder bei den Elastizitäten von Klammern. Im Modellguss ist dies nicht immer optimal zu lösen. Spannungen der Konstruktion werden durch Wärmebehandlung reduziert. Das gilt auch für Spannungen, die auftreten, wenn die Rohlinge zur kosmetischen Beschichtung in den Keramikofen kommen. Methoden zur Spannungsreduktion sind vielfältig, auch wenn derzeit noch Schulungsbedarf besteht, so Francisco Perez Carrio.

Zukunftstrend: Digitale Prozesskette

Eine durchgehend digitale Prozesskette ist der nächste Schritt des Laserschmelzens in der Dentaltechnik. Interoral-Scanner gehören daher logischerweise zum Engagement von Fresdental, da damit Interoral-Scanner, die beim Zahnarzt digitale Primärdaten­ generieren, digital zur Generierung von STL-Konstruktionsdaten genutzt werden können. Die durchgehende digitale Prozesskette, vom Patienten bis hin zum Dentalprodukt, wird die Datenmigration qualitativ und zeitlich beschleunigen. Interoral-Scanner beim Zahnarzt werden nach Meinung von Francisco Perez Carrio bald ein Standard sein.

 

LaserCUSING®

Mit dem LaserCUSING®-Verfahren werden mechanisch und thermisch belastbare metallische Bauteile mit hoher Präzision erstellt. Zum Einsatz kommen je nach Anwendung Edel- und Werkzeugstähle, Aluminium- oder Titanlegierungen, nickelbasierte Superlegierungen, Kobalt-Chrom-Legierungen oder auch Edelmetalle wie Gold- oder Silberlegierungen.

Beim LaserCUSING® wird feines pulverförmiges Metall durch einen hochenergetischen Faserlaser lokal aufgeschmolzen. Nach dem Erkalten verfestigt sich das Material. Die Bauteilkontur wird durch Ablenkung des Laserstrahls mittels einer Spiegelablenkeinheit (Scanner) erzeugt. Der Aufbau des Bauteils erfolgt Schicht für Schicht (mit einer Schichtstärke von 15 µm bis 150 µm) durch Absenkung des Bauraumbodens, Neuauftrag von Pulver und erneutem Schmelzen. Die Besonderheit der Anlagen von Concept Laser ist eine stochastische Ansteuerung der Slice-Segmente (auch Islands genannt), die sukzessive abgearbeitet werden. Das patentierte Verfahren sorgt für eine signifikante Reduktion von Spannungen bei der Herstellung von sehr großen Bauteilen.

 

Arbeitsphasen der additiven Fertigung mit Lasertechnik in der Dentaltechnik

Nach Fertigstellung der 3D-CAD-Daten werden mithilfe einer Datenaufbereitungs-Software die Supportstrukturen angebracht. Dafür stehen verschiedene Softwarelösungen zur Verfügung, wie CAMbridge-Software oder Autofab Mlab, die für Dentalteile die Vergabe von Aufmaßen ermöglichen. Bei Anlagen von Concept Laser kann der Kunde frei wählen und ist nicht an eine Software gebunden. Anschließend werden die aufbereiteten Daten über Netzwerk oder USB-Anschluss auf die Maschine übertragen und der Baujob wird gestartet. Das Verfahren bietet die Möglichkeit, den Baujob vollautomatisch über Nacht zu fertigen. Nach seiner Beendigung werden die Bauteile von der Bauplatte entfernt und nachgearbeitet. Nach dem manuellen Entfernen der Supportstrukturen wird die Oberfläche in einem Mikrostrahlgerät mit Aluminiumoxid abgestrahlt und bei Brücken werden die jeweiligen Kronenränder dünn ausgearbeitet. Hierbei werden die Supportstrukturen mit der Hand entfernt und der Zahnersatz mit einem Handstück überarbeitet. Nach circa zwei bis drei Minuten ist der Zahnersatz versandfertig beziehungsweise kann bei Fresdental oder in den Dentallaboren verblendet werden. Diesen zeitsparenden Durchlauf wissen Zahnärzte und Patienten zu schätzen: Binnen zwei Tagen, für die reine Fertigung plus Versandzeit, kann der Zahnarzt seinem Patienten den Zahnersatz einsetzen.

Mechanische Kennwerte lasergeschmolzener Dentalprodukte (Quelle: Dentaurum, Ispringen, Deutschland)

 

 

ISO 22674
Typ 4 min.

ASTM B348
Grade 23

LaserCUSING® Kennwerte (nach empfohlener Wärmebehandlung)

Streckgrenze RP0,2

360 MPa

759 MPa

950 MPa

Zugfestigkeit Rm

-

828 MPa

1005 MPa

Bruchdehnung A5

2 %

10 %

12 %

 

Relevante Unternehmen

Video(s) zum Thema

Werbepartner

Links zu diesem Artikel

Aus- und Weiterbildung

Top